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«Wir wollen die Preisschere bekämpfen»

Stefan Flückiger, Geschäftsführender Präsident des neuen Vereins «Faire Märkte Schweiz», will gegen zu hohe Preise im Laden und zu tiefe Preise für die Bauernfamilien kämpfen.

Foodaktuell: Stefan Flückiger, was ist Ziel und Zweck des neuen Vereins «Faire Märkte Schweiz»?
Alle reden von Nachhaltigkeit. Aber häufig fehlt die soziale Komponente, und damit auch die Fairness, die in unserer liberalen Marktwirtschaft immer wichtiger wird. In einer ersten Phase fokussieren wir uns auf die Agrar- und Lebensmittelmärkte. Dabei geht es nicht nur um faire Lieferbeziehungen, sondern auch um eine faire Verteilung der Wertschöpfung.
Das bedeutet?
Das bedeutet nicht zu hohe Preise für die Konsumenten und nicht zu tiefe Preise für die Produzenten. Diese Preisschere geht immer mehr auf, unten beim Produzenten wird gedrückt, beim Konsumenten wird angehoben. Das wollen wir bekämpfen. Insbesondere sollen Produzentenpreise den Aufwand entschädigen, der bei der Produktion der Lebensmittel effektiv entsteht.
«Insbesondere sollen Produzentenpreise den Aufwand entschädigen, der bei der Produktion der Lebensmittel effektiv entsteht.»
Wer kann im Verein Mitglied werden?
Es gibt verschiedene Mitgliederkategorien, einfache Gönner, natürliche und juristischen Personen wie Firmen oder Organisationen. Natürliche Personen bezahlen jährlich 50 Franken, juristische je nach Betriebsgrösse ab 200 Franken. Auch kleinere oder mittlere Gewerbebetriebe sind willkommen. Wir möchten mit dem Verein eine breite Fairness-Debatte auslösen, in der Wirtschaft, Gesellschaft und mit Vorstössen auch in der Politik.
Eigentlich sollten doch bäuerliche Verbände sich für faire Produzentenpreise einsetzen. Gehen Sie auf diese zu?
Ja, wir starten mit dem Schweizer Bauernverband und suchen auch mit den Verbänden der Agrarallianz wie Bio Suisse und IP-Suisse oder mit den Konsumentenorganisationen das Gespräch. Man hat zwar schon bei den Absatzkampagnen des Schweizer Tierschutzes für Labelfleisch gemerkt, dass die Organisationen, die am meisten profitieren würden, sich wegen Abhängigkeiten gegenüber den Abnehmern nicht zu stark aus dem Fenster lehnen können. Wir freuen uns auf diesen Dialog.
Ihr Verein schafft eine Meldestelle für Bäuerinnen und Bauern, die sich mit Marktmissbräuchen konfrontiert sehen. Können sich auch kleine oder mittlere Lebensmittelverarbeiter melden?
Aus Kapazitätsgründen richten wir uns in der ersten Phase an die Bäuerinnen und Bauern. Aber wir haben die ganze Wertschöpfungskette im Auge und laden auch Verarbeiter ein, sich zu melden, falls diese einen Missbrauch von Marktmacht oder unfaire Handelspraktiken vermuten. Wir sind auch interessiert an Gesprächen mit Markenherstellern oder deren Verbänden.
Was passiert mit den Fällen, die gemeldet werden?
Wir prüfen die gemeldeten Fälle mit unseren Wettbewerbsexperten. Ein Ziel ist, dass wir Fälle erhalten, mit denen man vor die Weko gehen kann. In vielen Fällen gibt es auch andere Möglichkeiten, die Betroffenen zu unterstützen.
«Ein Ziel ist, dass wir Fälle erhalten, mit denen man vor die Weko gehen kann.»
Sollte die Weko mehr tun im Bereich der Lebensmittelmärkte?
Ja, die Weko ist aus unserer Sicht zu wenig aktiv. Seit eineinhalb Jahren gibt es mit der Revision des Kartellgesetzes den neuen Tatbestand der «relativen Marktmacht» - aber die Weko hat dazu offenbar noch nicht viele Fälle erhalten. Hier möchten wir Fälle liefern.
Urs Brändli, der Präsident von Bio Suisse, sagt in einem aktuellen Interview, man müsste vor allem die konventionellen Lebensmittel verteuern. Wäre das auch eine Lösung?
Aus Sicht der Fairness für die Produzenten wäre das auch eine Lösung. Aber es ist politisch schwierig umsetzbar, konventionelle Preise generell anzuheben. Unser Ziel ist deshalb, dass in allen Segmenten die Preisschere nicht zu gross wird. Heute sind die Marktbedingungen verzerrt aufgrund der Marktmacht von Migros und Coop. Sie können den Wettbewerb ausschalten und sich mehr rausnehmen als die weniger Mächtigen. Da müssen wir umdenken, es braucht mehr Markttransparenz und Kostenwahrheit. Die Preise sollen dort hoch sein, wo die Produktionskosten anfallen und nicht dort, wo man durch Ausnutzung von Marktmacht höhere Preise setzten kann, als dies bei funktionierendem Wettbewerb der Fall wäre.
Als ehemaliger Leiter Wirtschaftspolitik der Migros wissen Sie doch bestimmt recht genau, wo es diese Marktverzerrungen gibt?
Grundsätzlich ja. Aber als ich bei der Migros war, anfangs der Nullerjahre und vor dem Markteintritt von Aldi und Lidl, gab es noch weniger Preiskampf auf den konventionellen Sortimenten. Der zunehmende Preiskampf hat zu einer neuen Situation geführt, in der das Thema Fairness mehr Gewicht erhalten muss.
«Der zunehmende Preiskampf hat zu einer neuen Situation geführt, in der das Thema Fairness mehr Gewicht erhalten muss.»
Aber die Marktmacht von Coop und Migros war schon damals gross.
Mitte der Nullerjahre waren die Label- und Biomärkte auch erst im Aufbau, es brauchte Investitionen, da konnte man diesbezüglich vielleicht auch ein Auge zudrücken. Aber diese Phase ist durch und es geht mit der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit trotzdem nicht richtig vorwärts. Die Produzenten waren schon immer unter Druck, aber heute spitzt es sich zu. Es gibt inzwischen verschiedene Studien: Vom Schweizer Tierschutz oder von der Fachhochschule Nordwestschweiz zum Labelfleisch, vom Preisüberwacher zu den Biomargen, es wurden Preise der Laiteries Reunies Genève bekannt. Diese Daten zeigen, dass die Transformation zur Nachhaltigkeit nicht vorangeht, weil die Preisanreize falsch gestellt sind. Und von dieser Transformation kann die ganze Land- und Ernährungswirtschaft profitieren.
SRF hat berichtet, dass Sie bei der Weko eine Klage gegen Coop und Migros einreichen wollten, dass es aber beim STS selber dagegen Widerstand gab. War das der Grund für Ihre Kündigung als Geschäftsleitungsmitglied beim STS?
Dazu möchte ich mich nicht äussern. Aber ja: Die beiden Grossverteiler sind entlang den Wertschöpfungsketten so präsent und mächtig, dass immer mehr solche Interessenskonflikte entstehen.

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