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«Oft verschwinden solche Hypes wieder»

Heinrich Bucher, Direktor der Branchenorganisation Fleisch, nimmt Stellung zur Digitalisierung, der Konzentration bei den Verarbeitern, dem Trend zu fleischloser Ernährung und den Exportaussichten.

«Die grossen Fleischverarbeiter müssen mit einem Schuh im Vegi-Markt stehen».

alimenta: Die Fleischbranche soll digitaler werden. Können Sie dies genauer erläutern? Heinrich Bucher: Wir haben letztes Jahr eine nationale Markdatenbank aufgebaut, in der zum Beispiel der Kontingentsstatus der Tiere, die auf öffentlichen Schlachtviehmärkten aufgeführt werden, tagesaktuell eingesehen werden kann. Damit wissen die Käufer, ob ein Tier, das sie ersteigern wollen, noch kontingentsberechtigt ist. Zusammen mit der Identitas wollen wir die bestehende Labelbase so weiterentwickelt, dass dieses Instrument viel breiter genutzt werden kann. Mit den Zuchtverbänden und unserem Technologie-Partner für den DNA-Herkunfts-Check evaluieren wir Möglichkeiten, wie die DNA-Analyse nicht nur zum Herkunftsnachweis von Fleisch genutzt werden kann, sondern auch für züchterische Zwecke. Zudem prüfen wir im Herbst ein elektronisches Klassifizierungsgerät für Rindvieh. Die grosse Datenmenge, die daraus und aus der DNA-Typisierung anfallen, können künftig eventuell für Verbesserungen in der Zucht genutzt werden. Es werden immer wieder Stimmen laut, dass nicht neutral klassifiziert wird und die relativ hohen Preise für Schlachttiere mittels schlechterer Taxierung zu Gunsten der Verarbeiter gesenkt werden. Wir sind als neutrale Organisation mit der Klassifizierung der Schlachtkörper beauftragt. Bei unserer Arbeit darf die Marktlage keine Rolle spielen. Es ist aber so, dass die Klassifizierung, die nach klaren Vorgaben zu erfolgen hat, letztlich ein subjektives System ist. Sollte sich das Klassifizierungsgerät als tauglich erweisen, stellt sich letztlich die Frage: Wem vertraut man mehr – dem Menschen oder der Maschine? Bei der Schweinefleisch-Klassifizierung ist die «maschinelle» Schlachtkörperbeurteilung schon lange etabliert. Gibt es beim Bestreben zur Digitalisierung auch Chancen im Markt? Damit man den Konsumenten einen Nutzen bringen kann? Welchen Zusatznutzen die Endverkäufer ihren Kunden bieten können, müssen diese beurteilen. Wenn sie unsere Daten nutzen wollen, dann können wir Hand bieten. Wie beurteilen Sie die Konzentration bei den Fleischverarbeitern? Die mittleren und kleineren Unternehmen der Fleischbranche haben ganz klar ihre Berechtigung. Sie können mit ihrem Wissen und ihren Spezialitäten gewisse Bedürfnisse des Marktes oft besser abdecken als ein Grosskonzern. Wenn Kleine verschwinden, gehen damit meist auch gute traditionelle Produkte verloren. Daher begrüssen wir als Branchenorganisation eine grosse Vielfalt im Markt. Die grossen Akteure der Schweizer Fleischbranche kaufen vermehrt Vegi-Unternehmen. Macht Ihnen dies Sorge? Ich glaube nicht, dass die Fleischkonzerne wirklich vermehrt in diese Richtung wollen. Aus strategischen Überlegungen müssen sie in diesem Markt aber mit dabei sein, für den Fall, dass sich der vermeintliche Trend zur fleischlosen Ernährung durchsetzen sollte. Und wird er sich durchsetzen? Wenn wir die Entwicklung bei den Insekten anschauen, sieht man, dass solche Hypes oft schnell wieder verschwinden. Vegetarische Produkte sind ja nichts Neues, man spricht heute einfach mehr darüber. Wie stark sich künftig vegane Produkte oder Laborfleisch durchsetzen werden, wird sich weisen. Am ehesten wird es wohl bei Hamburgern oder bei anderen Produkten, die mit viel Sauce serviert werden, möglich sein. Aber ein Entrecôte zu ersetzen – das wird schwierig. Ich bin fest überzeugt, dass respekt- und verantwortungsvoll produziertes Fleisch sich auch künftig am Markt behaupten wird. Die Schweizer Fleischbranche wird also nicht verschwinden. Und die Produktion von Insekten zur Fütterung. Ist diese nicht sinnvoll? Momentan sind Insekten als Futtermittel noch nicht zugelassen. Wenn die Insektenproduktion ökologisch erfolgen und damit einen Teil des Bedarfs an Futtereiweiss abgedeckt werden kann, dann macht sie sicher Sinn. In der Weltwirtschaft dominiert das Thema der «Handelskriege». Zum Beispiel kann Kanada kein Schweinefleisch mehr nach China liefern. Kann sich dies für Schweizer Exporteure positiv auswirken? Die Schweiz hat jetzt seit sechs Jahren ein Freihandelsabkommen mit China. In dieser Zeit haben wir immer versucht, die Zulassungen für Schweizer Betriebe für den Export von Schweinefleisch zu erhalten. Diese liegen nun endlich vor, obwohl die letzten Bestätigungen noch fehlen. Man muss sich aber bewusst sein, dass wir mit unseren verhältnismässig geringen Mengen an Schweinefüssen den chinesischen Markt nur ganz spärlich beliefern können. Dennoch ist diese Möglichkeit für unsere Verarbeiter zur Wertschöpfungsoptimierung interessant. Eventuell bleibt es ja dann nicht nur bei den Schweinefüssen und es können künftig auch Fleischspezialitäten nach China exportiert werden. Mit Frischfleisch sind wir gegenüber den grossen Exporteuren wie Kanada und Brasilien jedoch preislich nicht konkurrenzfähig. Proviande hat im April angekündigt, bei der Umsetzung von Exportprojekten Hilfe zu leisten. Wie weit sind die Projekte gediehen? Unternehmen, welche innovative Ideen für den Export haben, können von uns Unterstützung erhalten. Vielen vor allem mittleren und kleineren Betrieben fehlt zum Teil das Know-how, wie man in die Exportmärkte kommt. Wieviel Geld steht für die Exportförderung bereit? Momentan steht ein Budget von 700 000 Franken Eigenmitteln zur Verfügung, das bei konkreten Projekten vom Bund verdoppelt wird. Bis jetzt sind aber noch keine Unterstützungsgesuche eingegangen. Aktuell werden Bündnerfleisch- oder andere Trockenfleischprodukte exportiert, dies jedoch noch in kleinen Mengen. Allgemein ist es sehr herausfordernd Fleisch, zu exportieren. Hilft die Exportorganisation Switzerland Global Enterprise (SGE) dabei? SGE kann für die Realisierung von Exporten nach Überseeexporte beigezogen werden. Zudem wurde jetzt auch das Kompetenzzentrum «Plattform Agrarexport» gegründet (siehe Kasten). Dort geht es aber mehr darum, die technischen Handelshemmnisse zu beseitigen. Sie haben gesagt, dass der «Grüne Teppich», wie ihn die Milchwirtschaft entwickelt hat, bei den Fleischproduzenten schon vorhanden ist. Es gibt aber doch immer noch Mastbetriebe, wo die Tiere nie Auslauf «unter den freien Himmel» haben? Beim grünen Teppich ist ja auch nicht eine Tierhaltung auf Labelniveau vorgeschrieben. Dennoch haben wir gerade bei der Tierhaltung für die Fleischproduktion viele Mehrwerte, die uns gegenüber dem Ausland abheben. Die Abstufung des Marktes, von der Basis QM-Schweizer Fleisch über die Labels zu Bio, macht Sinn. Die jüngsten Entwicklungen in einigen Labelprogrammen zeigen, dass der Markt nicht alles aufnimmt, was mit höheren Anforderungen produziert wird. Die Basisstufe, welche in der Schweiz bereits hohe Standards bietet, braucht es auch. Es bringt nichts, wenn wir die gesamte Produktion auf ein noch höheres Niveau heben, das dann vom Markt nicht abgegolten wird. Die Basis-Anforderungen bezüglich Tierwohl sind somit tief? Nein, das stimmt ganz klar nicht. Wie die Vergleichsstudie der Agridea zu den Tierschutzbestimmungen in der Schweiz und in den Ländern, aus denen wir Fleisch importieren, deutlich aufzeigt, sind bereits die Basis-Anforderungen bei uns bedeutend höher. Aber die Branche will nicht stehen bleiben, wie diverse Projekte und Programme zur Förderung der Tiergesundheit und zur Reduktion des Antibiotikaverbrauchs zeigen. Wird in der Basiskommunikation für Schweizer Fleisch nicht zu viel «heile Welt» versprochen für Schweizer Fleisch. Müsste nicht vielmehr auf mehr Transparenz gesetzt werden? Bezüglich Transparenz ist die Schweizer Fleischwirtschaft mit dem DNA-Herkunft-Check weltweit führend. Es gibt Konsumenten, die noch mehr Informationen wollen, es gibt aber auch Leute, die vertrauen einfach auf ein bestimmtes Label oder eine bestimmte Marke. Lange war «Alles andere ist Beilage» ein witziger Slogan. Die Mehrwerte, die wir heute transportieren wollen, können jedoch damit nicht mehr kommuniziert werden – das passt nicht zusammen. Wir müssen den Konsumenten aufzeigen, wieso sie bereit sein sollen, etwas mehr zu bezahlen für Schweizer Fleisch und es sich nicht lohnt, über die Grenze zu fahren. Und wie soll die Kommunikation gegenüber der aggressiven Lobby der Vegetarier aussehen? Ja, wir müssen uns bewusst sein, dass ein Tier stirbt, damit wir Fleisch essen können. Diesen Fakt wollen wir gar nicht verstecken. Die Produktion von Milch und Fleisch macht aber gerade in einem Grasland wie der Schweiz auch aus ökologischen Überlegungen Sinn. Zudem ist Fleisch ein wichtiger Bestandteil für eine ausgewogene, gesunde Ernährung. Was sagen Sie dem Klimaaktivisten, für welchen die Tierproduktion und im speziellen Fleisch der Sündenbock par excellence ist. Bei dieser Argumentation werden oft pauschalisierte Zahlen herangezogen, die auf die Schweizer Produktion bezogen, nicht stimmen. Warum wird nicht einmal klar und transparent aufgezeigt, welche Umweltauswirkungen die lokale Tierproduktion hat und welche Auswirkungen zum Beispiel die vegane Lebensmittelproduktion hat? Wir haben ein umfangreiches Argumentarium erarbeitet, in dem alle Fakten zusammengestellt sind. Es gilt nun diese in einfach verständliche Botschaften zu verpacken und diese zu kommunizieren. Interview: hanspeter.schneider@rubmedia.ch

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