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Kakaofruchtsaft: süss und sozial

Das schweizerisch-ghanaische Start-up Koa gewinnt Saft aus dem Fruchtfleisch der Kakaoschote. Die süss-säuerliche Weltneuheit entzückt Gastronomen und beschert den Kakaobauern 30 Prozent mehr Einkommen.

Pfirsich? Mango? Litschi? Oder doch eher Ananas? Der gelblich-trübe Kakaofruchtsaft, den Andrea Werdin einschenkt, schmeckt kein bisschen nach Schoggi, dafür exotisch fruchtig, sehr süss, mit angenehmer Säure. «Ausserhalb der Kakaoplantagen kannte man diesen Rohstoff bisher nicht», sagt Werdin. Das schweizerisch-ghanaische Start-up Koa will das ändern. Denn: «Der Kakaofruchtsaft hat unglaubliches Potenzial», erklärt Werdin, bei Koa zuständig für Marketing und Kommunikation. Als Zuckerersatz in Schokolade, als exotische Zutat in Pralinen und Patisserie oder als fruchtige Komponente in Drinks – der neue, natürliche Rohstoff biete Patissiers, Köchen, Barkeepern, aber auch der Industrie viele kulinarische Möglichkeiten. Dass der Saft auch in der salzigen Küche verwendet werden kann, beweisen unter anderem die Zürcher Gastronomen Elif Oskan und Markus Stöckle mit ihrem Ceviche. Die beiden marinieren rohen Zander mit dem Kakaofruchtsaft, der hohe Säuregehalt von 7,6 Prozent bringt das Eiweiss zum «Garen». Ein Fan ist auch Heiko Nieder, Küchenchef im Zürcher The Dolder Grand und Gault-Millau-Koch des Jahres 2019: «Koa schmeckt exotisch, leicht und fruchtig. Der besondere Geschmack ermöglicht es mir, meinen Gästen ein neues Erlebnis zu bieten.» Wertschöpfung in Ghana steigern Der Kakaofruchtsaft soll aber nicht bloss westlichen Gaumen ein neues Geschmackserlebnis bieten, sondern auch das Leben der Kakaobauern in Ghana nachhaltig verbessern, die oft unter dem Existenzminimum leben. Mit diesem Ziel haben die Deutschen Benjamin Kuschnik, Anian Schreiber und Michael Acquah aus Ghana 2017 das Unternehmen Koa gegründet. Die drei kommen ursprünglich aus der Solarbranche. Auf den Kakaofruchtsaft gekommen sind sie dank Michael, der als Kind auf einer Kakaoplantage gearbeitet hat. Das Fruchtfleisch der Kakaoschote galt bislang als Abfall, lediglich ein kleiner Teil wird für die Fermentation der Kakaobohne benötigt. Dank der Verwertung für die Saftgewinnung können die beteiligten Kleinbauern 30 Prozent mehr verdienen. Damit wolle man den Bauern neue Perspektiven geben und der Landflucht entgegenwirken, sagt Werdin. 1041 Bauern aus 35 Gemeinden rund um Assin Akrofuom in Zentral-Ghana machen mit. In Assin Akrofuom steht die Verarbeitungsanlage von Koa, die erste dieser Art in Westafrika. Dort wird der Saft gefiltert, pasteurisiert und für den Export abgefüllt. Der Saft enthält keinerlei Zusatzstoffe, die Süsse kommt vom natürlichen Fruchtzucker im Fruchtfleisch. 30  Jobs konnte Koa dank der Fabrik bisher in Ghana schaffen. Auch das soll die Wertschöpfung vor Ort steigern. In der Schweiz kümmern sich fünf Leute in einem Zürcher Gemeinschaftsbüro um den Vertrieb. Schonend entsaftet Die begehrten Kakaobohnen machen bei den ghanaischen Schoten nur einen Viertel der Kakaofrucht aus. Diese besteht zur Hälfte aus einer dicken Schale und zu 25 Prozent aus Fruchtfleisch, das die Bohnen umhüllt. Zusammen mit der ETH Zürich, der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der ghanaischen Universität UCC hat Koa ein Verfahren entwickelt, um das Fruchtfleisch schonend zu entsaften, ohne die Bohnen zu beschädigen. Bei der Verarbeitung ist Tempo gefragt. «Wir verarbeiten das Fruchtfleisch innert drei Stunden, um sicherzugehen, dass die Fermentation noch nicht beginnt», erklärt Andrea Werdin. Koa fährt deshalb mit einer mobilen Pressanlage direkt in die Gemeinden. Mit dreirädrigen Töfflis werden die Bauern und ihre geöffneten Schoten von den umliegenden Plantagen zur Anlage gebracht. Solarzellen liefern den Strom für die Saftgewinnung. Die Bauern können beim Entsaften zuschauen und nachher ihre Bohnen gleich wieder für die traditionelle Weiterverarbeitung mitnehmen. Beim Verfahren bleibt genügend Fruchtfleisch an den Bohnen haften, um ihre Fermentierung zu gewährleisten. «Da das Fruchtfleisch nach dem Entsaften weniger Feuchtigkeit enthält, sind die Bohnen aber weniger anfällig für Schimmelbildung», streicht Andrea Werdin einen Vorteil für die Bauern heraus. 100 Kilogramm Fruchtfleisch-Bohnen-Gemisch ergeben 20 Liter Kakaofruchtsaft. 250 Tonnen kann die Fabrik von Koa jährlich produzieren, momentan liegt die Produktion bei rund 80 Tonnen. Aber die Nachfrage steige, sagt Werdin. «Es läuft sehr gut.» Der Koa-Saft ist in verschiedenen europäischen Ländern erhältlich, seit kurzem auch in Japan. In Ostasien sieht Werdin grosses Potenzial für den Saft mit der vielfältigen Aromenpalette. Felchlin: «Etwas vollkommen Neues» In der Schweiz vertreibt seit diesem August der Schokoladenhersteller Felchlin den Koa-Saft. Ralf Wellauer, Chef-Konditor bei Felchlin, experimentiert seit einem halben Jahr mit dem Naturprodukt und ist begeistert. «Kakaofruchtsaft ist ein vollkommen neuartiges Produkt, es gibt nichts Vergleichbares auf dem Markt», schwärmt er. Für Patissiers und Chocolatiers biete der Saft mit seinen bisher unbekannten Geschmacksnuancen die Möglichkeit, komplett neue Kreationen zu präsentieren, abseits der ausgetretenen Pfade. «Das Potenzial ist riesig.» Wellauer hat in den letzten Monaten verschiedene Rezepturen entwickelt und Anwendungsformen ausprobiert. «Der Kakaofruchtsaft ist empfindlich und verlangt ein besonders behutsames und schonendes Verarbeiten», sagt Wellauer. Unter dem Namen «Cabosse» (französisch für Kakaoschote) hat Wellauer eine Patisserie kreiert, bei der alle Komponenten aus Kakaofruchtsaft bestehen: vom Biscuit über das Mousse, den Geléee und den Gianduja-Knusper bis zur Glasur. Auch einen Espuma hat Wellauer für einen Kunden bereits entwickelt. Damit auch die Barszene auf den Geschmack des Kakaofruchtsafts kommt, will Koa bis Ende Jahr eine Reihe von fixfertigen Drink-Rezepten entwickeln. Felchlin verkauft den Saft im 3-Liter-Gebinde. Der Liter kostet 19.90. Ein relativ hoher, aber fairer Preis, findet Werdin. Die Kunden seien bereit, für den sozialen Mehrwert des Koa-Saftes auch mehr zu bezahlen. Küchenchef Heiko Nieder serviere seinen Gästen zum Kakaofruchtsaftdessert jeweils auch die Geschichte dahinter, erzählt Werdin. Das komme gut an. Koa will weiter expandieren. Das Ziel sei es, in Ghana neue Verarbeitungsstätten zu eröffnen und weitere Bauern als Partner zu gewinnen, sagt Andrea Werdin. Und Koa wolle in den nächsten Jahren Vertriebspartner auf allen Kontinenten finden. Auch im Ursprungsland Ghana selber will Koa seinen Kakaofruchtsaft lancieren. www.koa-impact.com stephan.moser@rubmedia.ch

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