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«Wenn Jodsalz sexy würde»

Müsste die Lebensmittelindustrie vermehrt Jodsalz verwenden, um eine Unterversorgung mit Jod zu verhindern? Und was hindert sie daran? Das diskutierten Experten am Symposium zu 100 Jahren Salzjodierung in der Schweiz.

Ein Teelöffel jodiertes Kochsalz pro Tag reicht, um unseren Jodbedarf zu decken. (Symbolbild Pixabay)

1922 führte die Schweiz als erstes Land der Welt die Jodierung von Kochsalz ein und rottete damit innert wenigen Jahren ein nationales Übel aus. Die Schweizer Böden sind jodarm, die darauf produzierten Lebensmittel ebenso. Deshalb litten früher viele Menschen in unserem Land unter schwerem Jodmangel. Vor allem in alpinen Gebieten hatten bis zu 90 Prozent der Kinder eine vergrösserte Schilddrüse oder einen Kropf. Auch der Kretinismus, eine Wachstumsstörung, die geistige Beeinträchtigungen verursacht, war weit verbreitet.
An einem Symposium zum 100-Jahr-Jubiläum der Salzjodierung würdigte Michael Beer, Vizedirektor des Bundesamtes für Lebensmittel und Veterinärwesen (BLV), die Salzjodierung als «sehr mutige» Pioniertat und «hundertjährige Erfolgsgeschichte». An der Veranstaltung vom 6. Oktober in Bern Liebefeld wurde aber nicht nur zurückgeschaut. Zentral war auch die Frage: Wie kann sichergestellt werden, dass die Menschen in der Schweiz auch künftig genug Jod zu sich nehmen? Das diskutierten Vertreter von Bund, Medizin, Politik und Lebensmittelindustrie auf einem Podium.
«Industrie hat Verantwortung»
Für Michael Beer vom BLV ist klar: Der wichtigste Hebel, um auch Risikogruppen wie schwangere Frauen mit genügend Jod zu versorgen, liegt in der Lebensmittelindustrie. Sie müsse in der Produktion vermehrt jodiertes Salz verwenden. Aktuell werden nur ein Drittel der verarbeiteten Lebensmittel mit jodiertem Salz hergestellt (siehe «Mehr zum Thema»). Die Industrie habe hier eine gesellschaftliche Verantwortung, sagte Beer. «Wenn wir nichts tun, werden wir mittelfristig in ein Problem reinlaufen.»
Warum setzt die Lebensmittelindustrie denn nicht vermehrt auf jodiertes Salz, das gleich teuer ist, gleich schmeckt und sich gleich verarbeiten lässt wie unjodiertes Salz? Ein Problem seien die uneinheitliche Gesetzgebung in der EU, sagte die Lebensmittelrechtsanwältin Karola Krell. In gewissen europäischen Ländern ist die Kochsalzjodierung obligatorisch, in anderen freiwillig und in Polen und Frankreich ist es Lebensmittelherstellern verboten, jodiertes Kochsalz zu verwenden - Lebensmittel mit jodiertem Salz dürfen aber grundsätzlich importiert werden. Diese komplizierte Rechtslage mache es für Hersteller aufwändig, eine verkehrsfähige Verpackung mit korrekter Deklaration zu erstellen, die in allen Märkten funktioniere, so Krell.
Schlecht fürs Marketing
Zudem, so Krell weiter, gebe es keine Nachfrage nach Lebensmitteln mit jodiertem Salz. Im Gegenteil: Jod sei bei den Konsumenten negativ konnotiert. Das betonte auch Marco Blumenthal, Leiter Qualitätsmanagement beim Chipshersteller Zweifel. Jodsalz in den Chips, vorschriftsgemäss auf der Packung deklariert? «Da macht das Marketing nicht mit.» Damit vergraule man Konsumenten und riskiere einen Shitstorm von militanten Jodgegnern in den sozialen Medien. «Jodsalz bietet für uns als Hersteller keinen Nutzen, aber viel Potenzial für Ärger», sagte Blumenthal. Anders wäre es, «wenn Jodsalz sexy würde».
Braucht es also eine Imagekampagne für Jodsalz? Der gesundheitliche Nutzen von Jodsalz sei den meisten Konsumentinnen und Konsumenten zu wenig bewusst, sagte die Freiburger SP-Nationalrätin Valerie Piller-Carrard. «Wir müssen die Leute dafür sensibilisieren, sonst riskieren wir eine Jodlücke.» Sie habe bisher auch nicht gewusst, wie wichtig Jodsalz sei, sagte die Berner GLP-Grossrätin Marianne Schild. Aufklärung sei wichtig, denn «Jod» töne für viele abschreckend.
Die Botschaft, dass Jodsalz gesund sei, sei durchaus in den Köpfen der Leute angekommen, sagte Urs Hofmeier, Geschäftsführer der Schweizer Salinen. Im Laden würden ja die meisten Leute zum jodierten Salz greifen. Ausserdem erlaube das Gesetz ja auch die Auslobung des Gesundheitsnutzens von Jodsalz: «verhindert Kropfansatz». Es wäre doch einen Versuch wert, so was mal offensiv auf der Verpackung auszuloben, fand die Liechtensteiner Amtsärztin Silvia Dehler.
Thema stiefmütterlich behandelt
«Die Industrie hat ihre Botschaft gehört», sagte Anwältin Karola Krell, die auch zwei Kommissionen der Föderation der Schweizer Nahrungsmittel-Industrien (Fial) präsidiert. Wahrscheinlich hätten die Hersteller das Thema Jodsalz bisher stiefmütterlich behandelt, weil eine Unterversorgung mit Jod kein Thema gewesen sei. Wenn es zu einer Unterversorgung komme, könne und müsse die Lebensmittelindustrie etwas unternehmen. Dabei sei auch ein Umdenken in den Marketingabteilungen gefordert. «Dort wird Meersalz immer noch gesünder als Jodsalz angepriesen.»

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