5

Um ohne Wartezeit zum Artikel zu gelangen, benötigen Sie ein Abonnement.

Bereits registriert oder Abonnent:in?

Login

Jetzt Abo abschliessen

Probe Abo

Kostenlos

Geniessen Sie für einen Monat kostenlos alle Vorzüge eines Premiumabos.

Premium

ab CHF 98.–/Jahr

Online

Erhalten Sie uneingeschränkten Zugang zu allen Online-Beiträgen.

mit Papierrechnung ab 123.–

Premium Plus

ab CHF 170.–/Jahr

Online

Print

Uneingeschränkter Onlinezugang

Plus monatlich das gedruckte Magazin im Briefkasten.

mit Papierrechnung ab 195.–

Erste gentechnisch veränderte Banane der Welt

Wenn TR4 zuschlägt, können Bananenbauern nur hilflos zusehen, wie ihre Plantage stirbt. Ein Gegenmittel gegen den Pilz gibt es nicht. Ein Forschungsteam hat nun eine gentechnisch veränderte Linie der heutzutage überwiegend angebauten Cavendish-Bananen entwickelt.

In den Supermärkten gibt es praktisch nur eine einzige Bananen-Sorte: Cavendish.

Quelle: Symbolbild Pixabay

Sie ist resistent gegen TR4 - und wurde in Australien kürzlich für den menschlichen Verzehr zugelassen. Ist QCAV-4 die Rettung für die weltweit bedrohte Bananen-Industrie? «Ich glaube, dass das die Lösung sein wird», sagt der Pflanzenpathologe Remco Stam von der Christian-Albrechts-Universität im Norddeutschen Kiel.
Panamakrankheit wird es genannt, wenn der Pilz Fusarium oxysporum TR4 Stauden der Cavendish-Banane - der mit Abstand wichtigsten Handelssorte weltweit - absterben lässt. In Deutschland haben Cavendish-Bananen einen Marktanteil von rund 99 Prozent, wie Andreas Brügger, Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverbands (DFHV), sagt. Und in der Gunst der Obstkäufer liegen sie weit vorn: «Üblicherweise an zweiter Stelle nach dem Apfel.»
Pilz überlebt mehrere Jahrzehnte
Zwar wurde TR4 im Jahr 2019 erstmals auch im Nordosten von Kolumbien nachgewiesen. Aber auch fünf Jahre später ist die Lage im Land nach Einschätzung des Verbandes der Bananen-Bauern (Augura) noch weitgehend unter Kontrolle. «Von 53'000 Hektar, auf denen wir Bananen für den Export anbauen, sind nur 300 Hektar von der Krankheit betroffen», sagte Verbandspräsident Emerson Aguirre Medina zuletzt. Ausbrüche gab es allerdings auch schon in Venezuela und Peru.
Letztlich werde sich der Pilz weder ganz zurückdrängen noch dauerhaft eindämmen lassen, ist Stam überzeugt. Sei TR4 einmal in einer Plantage, lasse die sich nicht mehr nutzen: «Der Pilz überlebt im Boden mehrere Jahrzehnte.» Ganze Plantagen abzugraben sei keine praxisnahe Lösung und der Einsatz immenser Mengen Fungizide im Boden keine gewünschte.
«Unnatürliches Gewächs»
Der Industrie wird zum Verhängnis, dass sie derart auf eine einzige Sorte setzt. Während man bei Äpfeln oder Tomaten zumindest noch einige verschiedene Sorten in Supermärkten findet, ist es im Bereich der Dessertbananen fast ausschliesslich Cavendish. «Ein derartiges Monopol einer einzelnen Sorte ist einzigartig», erklärt Stam. «Und das ist auch noch ein Klon, es findet also keine genetische Anpassung im Zuge sexueller Vermehrung statt.»
Cavendish-Stauden werden ausschliesslich aus Stecklingen gezogen, alle sind genetisch exakt identisch, die Früchte enthalten keine Samen. «Die Cavendish ist ein absolut unnatürliches Gewächs», so Stam.
Es wäre nicht das erste weltweite Aus für eine Bananensorte: Schon der zuvor dominierenden Handelssorte Gros Michel - schmackhafter und dank dickerer Schale einfacher zu ernten und zu transportieren - wurde Fusarium oxysporum zum Verhängnis, damals noch TR1. Bis etwa 1960 war ein Grossteil der Bestände vernichtet. Gros Michel wurde dann von der aus Vietnam stammenden Cavendish abgelöst.
Cavendisch übertrumpft andere Sorten
Anders als damals scheint diesmal kein für den Massenanbau tauglicher Ersatz in Sicht. Zwar sind inzwischen mehr als 1500 Bananensorten registriert. Doch nur sehr wenige haben die nötigen Resistenzen und sonstigen Eigenschaften sowie überhaupt für den Verzehr geeignete Früchte, wie Stam erklärt. Eine Sorte, die bei Ertrag, Transportfähigkeit und Geschmack halbwegs mit Cavendish mithalten könne, gebe es bisher wohl nicht.
Darum arbeiten Forschungsteams vor allem daran, Cavendish resistent gegen TR4 zu bekommen - über traditionelle Züchtung oder eben gentechnische Ansätze wie den des Teams um James Dale von der Queensland University of Technology (QUT). Die Wissenschaftler haben ein Gen - das Resistenzgen RGA2 aus einer Wildbanane - in Pflanzen der Sorte Cavendish eingefügt. Die den Angaben zufolge erste gentechnisch veränderte Banane war geschaffen.
Noch nicht in Läden erhältlich
Seit einigen Jahren wurde der Anbau der QCAV-4 genannten Bananen in Feldversuchen getestet. Nun folgte die Freigabe in Australien als für den menschlichen Verzehr geeignet. In Supermärkten erhältlich sind QCAV-4-Bananen dort aber bisher nicht - und das soll vorerst auch so bleiben.
QCAV-4 wurde mit älteren Gentechnik-Methoden geschaffen - solche Lebensmittel müssen häufig eine spezielle Kennzeichnung tragen, die Verbraucher abschrecken kann. Mit der Genschere Crispr hergestellte Pflanzen und ihre Früchte brauchen eine solche Kennzeichnung hingegen in vielen Ländern nicht, wie Stam sagt. Dales Ziel ist deshalb nun zunächst die Schaffung einer Crispr-Banane: Das Gen RGA2 ist prinzipiell auch in Cavendish vorhanden, aber nicht aktiv, wie Stam erklärt. Mit einem Crispr-Verfahren könnte RGA2 reaktiviert und die Sorte damit resistent gegen TR4 gemacht werden, so die Hoffnung.
EU bei Gentechnik-Regeln noch unentschlossen
Unternehmen sehen darin einen interessanten Ansatz: Das QUT-Projekt erhält Millionen Dollar an Fördergeldern. Ob eine Crispr-Banane auch in der EU ohne Gentechnik-Kennzeichnung verkauft werden könnte, ist derzeit unklar: Ein Vorschlag der EU-Kommission, die strengen Gentechnik-Regeln zu lockern, steckt gerade fest. Das Vorhaben war bereits vor gut acht Monaten in Brüssel vorgestellt worden, bislang haben sich die EU-Staaten aber nicht auf eine Position einigen können. Zudem muss im Anschluss noch ein Kompromiss mit dem Europaparlament gefunden werden. Dass es noch vor den Wahlen im Sommer dazu kommt, ist unwahrscheinlich.
Auch wenn an allerlei Züchtungen und verschiedenen Abwehrmassnahmen getüftelt werde: Die Crispr-Banane werde letztlich der einzige Weg aus der TR4-Krise sein, ist Stam überzeugt. Das sei auch völlig unproblematisch, weil nur ein Gen wieder aktiviert werde, das in der Sorte und in Wildbananen ohnehin schon vorhanden sei.
Gerade Pilze könnten Stam zufolge künftig generell für mehr Probleme sorgen: überall dort, wo es im Zuge des Klimawandels mehr warme und zugleich feuchte Phasen gebe. «Pilze mögen es warm und feucht, zudem haben sie oft ein leichteres Spiel, wenn Pflanzen von Hitze geschwächt sind.»

ifm - Automation is orange

Ähnliche Beiträge

Wichtige Nachricht verpasst?

Nicht wenn Du den kostenlosen Newsletter abonniert hast.