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«Brot ist in Hongkong fast gleich teuer»

Auch die Müllereiwirtschaft braucht Innovationen. Dominic Meyerhans ist immer wieder für Überraschungen gut, zum Beispiel mit schwarzem Mehl. Jetzt exportiert die Mühle sogar nach China.

alimenta: Die Schweiz hat eine Überkapazität an Mühlen. Welches ist für Sie eine gesunde Anzahl an Schweizer Mühlen? Dominic Meyerhans: Schwierig. Es gibt keine Zahl, aber ich glaube es hat Platz für eine grössere Anzahl. Wichtig ist, dass sich die Mühle gegenüber den Kundenbedürfnissen ausrichtet und neue Bereiche erschliesst. Es kann nicht sein dass alle das Gleiche machen. Der Markt ist aber gesättigt, was kann eine Schweizer Mühle konkret machen? Das Stammgeschäft bleibt sicher wichtig, wir haben hier sehr loyale Kunden. Wir sind ja auch schon seit 125 Jahren auf dem Markt. Doch mit dem Druck, den wir in der Branche haben, müssen wir stets neue Geschäftsfelder evaluieren. Dabei ist es wichtig, dass man Mengen erschliessen kann, ohne dass man gleich eine andere Schweizer Mühle konkurrenziert. Dies haben wir gemacht. Womit? Wir produzieren für das Kartonunternehmen Model AG in Weinfelden einen Grundstoff. Bisher wurde dieser Rohstoff, Stärke, im Ausland eingekauft. Nun können wir Wertschöpfung in die Schweiz verlagern und ein Ersatzprodukt lokal herstellen. Sie sind auch in der nachhaltigen Energieproduktion vorbildlich. Am Standort Villmergen haben wir schon 2010 auf eine Biomasseanlage umgestellt. Dieser Ofen hat 1000 Kilowatt Leistung und wir können damit rund 300 000 Liter Heizöl einsparen. In Weinfelden setzen wir auf Wasserkraft zum Strom erzeugen. Dennoch sind wir als Mühle zu weit weg vom Konsumenten sind, als dass wir dies auch genügend kommunizieren können. Etwas anderes ist es, wenn der Bäcker aus nachhaltigen Energiequellen bäckt, dann geht das direkter. Sie sind nicht weit weg von der Grenze. 20 Kilometer entfernt sind die Bedingungen für die Mühlen komplett anders und die Preise um mehr als die Hälfte tiefer. Wie wirkt sich das auf Ihre Geschäftsphilosophie aus? Wir haben einen rein nationalen Markt, hatten aber auch in der hiesigen Müllereiwirtschat einen signifikanten Margenverlust, was uns sogar die Bäcker attestieren. Wir sind aber der verlängerte Arm der Landwirtschaft und deren Politik, somit kann man den direkten Vergleich mit dem ausländischen Mehlpreis gar nicht machen. Dennoch exportieren Schweizer Mühlen. Das heisst, es gibt immer noch Möglichkeiten? Ja, aber die Märkte um uns herum sind sehr schwierg. Gerade in Deutschland, wo die Mühlen eine schwierige Zeit mit einem grossen Strukturwandel und einem grossen Preiskampf erleben. Die Italiener sind sowieso stolz auf ihre Backwaren aus ihrem Mehl und auch die Franzosen haben einen nationalen Markt. Und die Österreicher setzen auch auf Regionalität. So ist der Export nichts für Ihre Unternehmung? Doch. Wir bauten jetzt eine Partnerschaft mit einer chinesischen Mühle auf. Kürzlich konnten wir auch schon zwei Container Mehl nach Hongkong liefern. Warum wollen gerade die Chinesen Ihr Mehl? Die Chinesen haben traditionellerweise sehr weiche Brote, praktisch ohne Kruste und es werden auf grossen Anlagen fast ausschliesslich Standardmehle produziert. Die suchen nun Partner, die das Know-how schon haben und da können wir mit unseren Spezialitätenmehlen punkten. Davon haben wir etwa zehn verschiedene Kleinpackungen auf die Bedürfnisse der Chinesen abgestimmt. Die waren von der Qualität beeindruckt. Wie stellen Sie sich das Marktpotential in China vor? Spannend. Wenn man bedenkt, dass es 1,3 Milliarden Chinesen gibt, da kann man wieder einmal die 1-Prozent-Rechnung anstellen. Die Chinesen fangen immer mehr an, sich weizenbasiert zu ernähren und wollen immer mehr westliche Produkte kennenlernen. Gerade Hongkong ist der Markt, der die zahlungskräftigsten Kunden hat. Wir staunten, als wir die Brotpreise im Regal anschauten, die sind ähnlich hoch wie in der Schweiz. Wenn wir wöchentlich nur schon zwei Container zu 20 Tonnen gesacktem Mehl exportieren könnten, wäre dies eine riesige Leistung. Wird das Mehl mit Schoggigesetzgeldern exportiert? Mehlexporte fallen per se nicht unter das Schoggigesetz. Die genannten Spezialitäten exportierten wir daher ohne diese Gelder. Beim Roggenmehl hatten wir erfolgreich aktive Veredelung in der Schweiz beantragt. Wie kamen sie zu diesen Kontakten? Vorher hatte ich keine Affinität zu China. Wir haben im «World Grain Magazin» einen Artikel publiziert. Dann kam die Anfrage aus China, ob wir für sie Spezialmehle zum Beispiel für Produkte wie «Swiss Country Bread»herstellen könnten. Haben Sie keine Angst, dass die Produkte bald kopiert werden? Dies ist immer eine Gefahr. Wir haben viel Vertrauen, dennoch sind wir vorsichtig im Austausch mit unseren Produkten, Verfahren und Rezepten. Doch unsere Verfahren kann man auch nicht einfach so übernehmen. Seit zwei Jahren gibt es das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China. Der chinesische Staatspräsident war kürzlich in der Schweiz und hat die Wichtigkeit des Abkommens betont. Gibt es noch Exporthürden nach China? Es muss nur ein Ursprungszeugnis mitgeliefert werden. Sonst ist es ähnlich teuer, Mehl in ein hinteres Schweizer Bergtal zu liefern, wie nach Hongkong. Es funktioniert problemlos. Dennoch: Momentan ist dieser Export einfach etwas, das mitläuft; unser Hauptaugenmerk gilt immer noch dem Stammmarkt. Und welches Potenzial gibt es im einheimischen Markt noch? Mit dem hellen Vollkornmehl haben wir jetzt ein neues Produkt lanciert. Es gibt Vollkornliebhaber, die wollen das Produkt wie es immer ist. Das heisst dunkel, ein wenig «stippig» und mit Schrot drin - also ein urchiges Brot. Es gibt auch Konsumenten, die sich zwar gesund ernähren, also den Ballastanteil erhöhen wollen, jedoch ohne diesen Vollkorncharakter. So enthält das Vollkornmehl aus dem Weissweizen weniger Phenole und man sieht den Kleieanteil im Brot nicht. Wo sehen Sie die Chance damit? Es ist ein Experiment. Wir schauen mal, wie die Konsumenten ansprechen. Es geht darum, Nicht-Vollkornesser auf den Geschmack zu bringen. Chancen gibt es sicher im Altersheim oder auch in Schulen. Verschiedene Schüler haben unser Brötli sehr gut gefunden. Und wollen die Schweizer Bauern eine neue Weizenart anbauen? Wir machen Anbauversuche mit IP-Suisse und nach Möglichkeit auch mit Delley Samen und Pflanzen AG (DSP). Bis jetzt wird dieser Weizen erst in Australien und in Nordamerika angebaut. Wir setzen auf junge dynamische Bauern in der Schweiz. Wir sehen schon mit dem IP-Suisse-Quinoa- oder Sonnenblumenanbau, dass viele Bauern für Neues empfänglich sind. Handwerk oder auf englisch «Craft» - Lebensmittel sind in. wie nutzen Sie diesen Trend in der Backwarenwirtschaft aus? Während langer Zeit wurde die Triebführung des Teiges verkürzt. Jetzt zeigt der Trend wieder in die andere Richtung, was ich gut finde. Der angesetzte Teig oder Hebel wird immer mehr zum Heiligtum für den gewerblichen Bäcker. Der Bäcker weiss: Geschmack kommt nur mit der Zeit ins Brot. Eigentlich kann man sagen, es braucht nur Wasser, Mehl und Salz. Was uns betrifft, machen wir mit, wir haben zum Beispiel spezifische Mehle zur Langzeit-Führung lanciert. Was sicher definitiv vorbei ist, ist die Zeit der Backmischungen. in weiterer Trend liegt in Free-From-Produkten. Produzieren Sie glutenfreie Mehle? Wenn es solche Entwicklungen gibt, muss man diese ernst nehmen. Da gibt es auch Chancen. Vor einigen Jahren stellten wir das Werk in Rheineck komplett auf «glutenfrei» um. Einen Vorteil darin sehen wir auch mit unseren Mehlcontainern, die es dem Bäcker erlauben, glutenfreie Rohstoffe sicher und effizient in der Produktion einzusetzen. Der Bäcker soll immer mehr zum Kurator und Berater für den Konsumenten werden. Wie sehen Sie das? Klar ist es wichtig, dass sich der Bäcker die Frage stellt, wie es weitergehen soll und warum der Kunde überhaupt zu ihm kommt. Da gibt es viele Möglichkeiten. Sicher ist, dass der Bäcker nie die Preisführerschaft anstreben kann. Alles redet von Insekten als Lebensmittel oder wenigstens als Futtermittel. Bühler lancierte kürzlich ein Joint-Venture mit einer chinesischen Insektenaufzuchtfirma. Können Sie sich vorstellen, einmal Insekten zu verarbeiten? Ja sicher. Ich kann mir gut vorstellen, künftig auch ganz andere Dinge als Getreide zu vermahlen. Wir haben schliesslich die Kompetenz zum «Verkleinern». Was natürlich noch ungeklärt ist, ist das ganze Handling, beispielsweise, wie tötet man Insekten und wie werden diese Lebewesen in einen Prozess überführt. Es ist aber spannend, schon jetzt sind 20 bis 30 Prozent der verarbeiteten Mengen in Mühlen Nebenprodukte. In der Schweiz gibt es Anstrengungen, auch Malz zu produzieren. Könnten Sie sich vorstellen, auch im Mälzereigeschäft tätig zu sein? Momentan ist noch die Konstanz ein Problem. Dazu braucht es grosse Anlagen und dementsprechend grosse Mengen. Da haben wir in Deutschland gute Strukturen. Interview: Hans Peter Schneider

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