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Was ist Weizenqualität?

In der Wertschöpfungskette von Getreide gibt es unterschiedliche Vorstellungen, wie Weizen und das daraus entstehende Mehl sein soll. An den Agroline-Feldtagen wurde diskutiert.

Dario Fossati. Der Agroscope-Forscher ist Vater von 130 Weizensorten.

Nicht nur die agronomischen Eigenschaften, sprich die Etragsleistung einer Weizensorte sind entscheidend für _Bauern und vor allem Müller und Bäcker, sondern vielmehr die qualitativen Aspekte. Um zu wissen, was die Anforderugen und Wünsche an marktfähige Backwaren sind, muss die Branche den Austausch pflegen. sagte Romeo Sciaranetti, CEO von Swissmill an den Agroline-Feldtagen in Kölliken, wo das Unternehmen zusammen mit der fenaco Geschäftseinheit Getreide, Ölsaaten und Futtermittel (GOF), einen Erfahrungsaustausch organisierte. Das Interesse war gross, denn Müller und Bäcker wollen wissen, wohin die Reise mit den neuen Getreidezüchtungen geht. Wohin, dies erklärte Dario Fossati, «Vater, Grossvater, Onkel und Götti» vieler Weizensorten, wie er von Fachleuten der Branche benannt wird. Unter Fossatis Federführung sind 130 Weizensorten «geboren» worden. Die wichtigsten Ziele der Zuchtarbeit seien Eigenschaften wie den Ertrag und die Qualitätsaspekte, welche mit neuen Sorten verbessert werden sollen wie Fossati sagte. Der grösste Teil der Züchtungsarbeit gehe heute auf das Konto der Resistenzeigenschaften einer Weizensorte. Denn bessere Resistenzeigenschaften würden immer wichtiger, sagte Fossati. Plötzlich auftretende Krankheiten im Weizen, wie zum Beispiel im 2014 «Gelbrost», der vorher kein Problem darstellte, entwickelten sich zur Epidemie. Es gebe nicht mehr einfach eine Sorte, die sich zum Beispiel für die Schweiz eigne, sondern es gebe viele davon, denn in einem Jahr passe diese, im nächsten Jahr die andere. Dies als Folge des Wetters, das in keinem Sommer gleich sei, so Fossati. Schon vor Jahrzehnten sei mit der Sorte Arina - eine Agroscope-Sorte - ein Sprung hinsichtlich Resistenzen getan worden. Nämlich gegen Fusarienpilze, wogegen diese Sorte resistenz sei. Sogar europaweit würde Arina den Spitzenplatz belegen. Sowieso würden die Agroscope-Züchtungen in anderen Ländern Anklang finden. In Frankreich seien gemäss Fossati, 50 Prozent der empfohlenen Sorten aus Agroscope-Züchtung. Gemäss dem Agroscope-Wissenschafter seien in Deutschland tiefere Weizenqualitäten vorhanden als in der Schweiz. Differenzierung mit farbigem Mehl Grössere Bedeutung als die Resistenzeigenschaften haben für Müller und Bäcker jedoch Eigenschaften des Weizenkornes, welche die Prozesseigenschaften beim Backen verbessern, für ernährungsphysiologisch wertvolle Eigenschaften sorgen, und natürlich auch Mund und Gaumen erfreuen. Um das Brotsortiment auszuweiten seien auch «speziellere» Eigenschaften der Getreide wichtig. Denn der Bäcker könne sich mit spezielleren Broten differenzieren, sagt Fossati. Dazu bieten sich Neuzüchtungen an, welche schon von Auge sichtbare Differenzierungs-Eigenschaften aufweisen. So sei zum Beispiel mit der Sorte «Vanil-noir» eine Weizensorte entwickelt worden, die mit Farbe im Mehl aufwarte, sagte Fossati. Diese ist in den externen Schichten des Kornes enthalten und habe den Effekt, dass das daraus gewonnene Vollkornmehl, einen rosaroten Schimmer aufweise. Das Brot erhält nach dem Backen eine schokoladeähnliche Farbe. Dazu sei der Geschmack des Brotes aus diesem Weizenmehl ausgezeichnet und die für den Bäcker entscheidende Wasseraufnahmefähigkeit des Mehles sei optimal, sagt der Wissenschafter. Bei den nächsten Züchtungsschritten sollen dann auch die agronomischen Eigenschaften des Weizens verbessert werden. Denn der einzige Schwachpunkt der Sorte sei die schlechtere Etragsleistung. Die Qualität des Mehles soll aber einen Mehrwert ermöglichen, woran dann gemäss Fossati auch der Bauer beteiligt werden sollte. Laut Fossati gibt es schon weitere Sorten, aus welchen farbliche Nuancen im Mehl erzielt werden können, wie zum Beispiel die Sorte Molinera, woraus gelbliches Mehl gemahlen werden könne. Normalerweise bäckt der Bäcker mit dem sogenannten Standardmehl Nr. 550. Zuwenig Feuchtgluten Trotz aller Qualitätsaspekte hat während langer Jahre der Ertragsgedanke dominiert. Denn wenn nun plötzlich eine Sorte dominiere, die in agronomischer Hinsicht besser abschneide, könne es passieren, dass die Qualität leide, sagte Fossati. Vor allem die Feuchtgluten seien heute mehr und mehr gefragt war von Bäckerseite zu hören. Der Markt verlange immer mehr davon weil immer mehr Aufback-Teiglinge im Laden oder im Tankstellenshop gebacken werden. Diese benötigen mehr Proteinmenge, also mehr Feuchtgluten oder auch sogenannte Feuchtkleber, weil Backwaren, die vor dem Aufbacken tiefgekühlt sind, an Volumen verlieren. Die Feuchtgluten sorgen auch dafür, dass das Mehl eine hohe Wasseraufnahmefähigkeit hat. Zuviel Protein - zuwenig Stärke

«Man spricht zuviel vom Protein und zuwenig von der Stärke»
sagt Patrick Soltermann, Bakery Application Manager bei der weltweit Nummer eins im Mühlenbau, dem Technologiekonzern Bühler AG. Schliesslich bestehe das Weizenkorn zu 70 Prozent aus Stärke, sei aber  auch durch seinen hohen Glutengehalt das backfähigste Getreide. Elementar um qualitativ gutes Mehl und damit Brot zu erhalten sei der Mahlprozess, so Soltermann, der lieber eine schonende Vermahlung anstrebt als Stress für das Weizenkorn zu produzieren. Oft würde die Stärke gezielt zu stark beschädigt. Damit werde zwar eine höhere Wasseraufnahme erreicht, doch der Teig werde dann auch viel klebriger. Eine lange Teigführung könne dann auch nicht mehr gemacht werden. Denn die Enzymtätigkeit bei «stärkebeschädigtem» Mehl sei viel zu stark.
«Backen ist nichts anderes als Schaum produzieren und daraus einen Schwamm herzustellen»
so vergleicht Soltermann den Backprozess. Wenn nun das Mehl nicht ganz stimme, dann würden die Poren auch nicht so gross und würden wieder zusammenfallen. Aus einem solchen Teig könne kein gutes Brot hergestellt werden, ist Soltermann überzeugt. Backmittel könnten hier zwar Abhilfe schaffen. Der Weizen und das daraus hergestellte Mehl müssten jedoch stimmen, dazu müsse der Mahl- und Backprozess richtig ablaufen, so Soltermann. Es solle nicht nur die Feuchtgluten-Qualität ausgebaut werden, sondern der Fokus soll auf die gesamte Qualität des Weizens gelegt werden, sagte Soltermann. Anforderungen an Weizenproduzent «Man kann darüber diskutieren ob immer mehr Anforderungen an den Produzenten gestellt werden sollen, oder ob beim Backprozess Änderungen gemacht werden sollen», sagte Andres Keiser. Der Leiter Pflanzenzüchtung an der Hafl, Zollikofen ist überzeugt, dass mit weniger Protein gleich gutes Brot hergestellt werden könne. Es brauche nicht einfach mehr Zusatzstoffe, sondern auch gezieltere Verarbeitungsschritte, wie zum Beispiel mit differenziertem Kneten des Teiges. Der erste Reflex sei jedoch immer, dass die Bauern das produzieren soll, was der Markt verlangt. Bei Bioweizen hat Keiser untersucht, welche Faktoren im Anbau ausschlaggeben für eine gute Qualität ist. Im Rahmen eines KTI-Projektes, das zum Ziel hatte, dass das gesamte Biobrot aus 100 Prozent inländischem Weizen auf den Markt gebracht werden könnte. Dazu wurden 50 landwirtschaftliche Betriebe in die Projektgruppe aufgenommen und die Qualitätsbezahlung eingeführt. Von den Betrieben wurden alle Produktionsdaten zur Produktion evaluiert. «Wir wollten herausfinden, welche Faktoren die Qualität günstig beeinflussen», sagte Keiser. Über die drei Jahre Projektarbeit sei dann herausgefunden worden, dass zum Beispiel die Fruchtfolge relevant sei, sprich, wenig Getreide in dieser umso besser für den Ertrag. Kunstwiesen und Böden mit gutem Humusgehalt wirken sich positiv auf die Weizenqualität aus. Das Fazit bestand aus der Erkenntnis, dass 50 Prozent der Qualität gegeben seien. «Bis eine neue Sorte, mit neuen Eigenschaften vorhanden ist, vergehen 15 Jahre», sagte Bruno Studer, ETH-Professor. Um dies abzukürzen würde heute schon auf beiden Erd-Hemisphären gezüchtet. Der Zuchtfortschritt pro Jahr sollte bei 1,5 Prozent liegen. «Wir erreichen nicht die Hälfte davon», sagte Studer. Bis jetzt sei die phenotypische Züchtung nicht stark angewendet worden. Künftig sollten aber auch Informationen, zum Beispiel per Quadrocopter erhoben werden. Damit könnten neue Eigenschaften, zum Beispiel mit multispektral-Kameras, gewonnen werden. «Nicht der Endpunkt, sondern die Wachstumsaufnahme wird wichtiger», so Studer. Die Gesellschaft werde Farbe bekennen müssen, wenn es um die Frage gehe, ob neue Zuchtmethoden wie CrisprCas eingesetzt werden sollen oder nicht. Auf jeden Fall sei dieser präzise, chirurgische Eingriff ins einzelne Genom, sicherer als die herkömmliche Züchtung, ist Studer überzeugt. Alles hänge davon ab, ob die neuen Methoden der Gesellschaft auch etwas geben könne. Die Produkte, die daraus entstehen können, müssen einen Benefit, wie zum Beispiel Ressourceneffizienz, Resistenzen und Ertragssicherheit vorweisen können. hanspeter.schneider@rubmedia.ch

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