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Einkaufstourismus: Keine Entwarnung

Täglich strömen weiterhin Tausende Schweizer ins benachbarte Ausland, um einzukaufen. Der Schweizer Detailhandel muss noch stärker die Mehrwerte – etwa Regionalität und Nachhaltigkeit – kommunizi

Das Einkaufszentrum in Konstanz bleibt eine der beliebtesten Destinationen für Schweizer Einkaufstouristen.

Die Zahl der Schweizer Kunden, die in Deutschland günstig und mehrwertsteuerfrei einkaufen, erlebte 2016 ihren Höhepunkt. Trotz der Abwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro kaufen Schweizer Konsumenten 2017 nach wie vor gerne im Ausland ein. Im Vergleich zu unserer Studie im Jahr 2015 reisst der Einkaufstourismus immer noch ein tiefes Loch in die Kassen des Schweizer Einzelhandels. Konsumenten fahren sogar häufiger als vor zwei Jahren ins Ausland und nehmen leicht längere Fahrwege auf sich. Besonders die Befragten der Kantone Schaffhausen, Thurgau, Basel-Land und Basel-Stadt schätzen das grenznahe Ausland und tätigen 40% bis 44% ihrer Einkäufe dort. Dabei belegt Konstanz mit Abstand den ersten Platz bei den beliebtesten Zielen für den Auslandseinkauf. Knapp 30% der deutschsprachigen Einkaufstouristen erledigen ihren Einkauf am liebsten dort. Entgegen der landläufigen Meinung ist der Einkaufstourismus über alle Ein-kommensklassen hinweg stark ausgeprägt. Dementsprechend sind auch Schweizer Händler im gehobenen Segment vor den Auswirkungen des Einkaufstourismus keineswegs gefeit. Die Lebensmittelbranche als grösster Verlierer Vom Einkaufstourismus ist nach wie vor die Lebensmittelbranche am stärksten betroffen. 2017 entgingen ihr durch Auslandseinkäufe circa 3,4 Mrd. Franken – rund 19 Prozent mehr als 2015. Im grenznahen Ausland profitieren vor allem Edeka und Aldi von den Schweizer Kunden, die dort am liebsten ihre Einkäufe tätigen. Diejenigen Konsumenten, die Lebensmittel im Ausland einkaufen, decken knapp ein Viertel ihres Bedarfs dort. In den grenznahen Gebieten liegt die Bedarfsdeckung allerdings deutlich höher. Der Preis ist nach wie vor der ausschlaggebende Grund für diesen Zulauf. Mehr als 70 Prozent der Befragten vergleichen die Preise im In- und Ausland aktiv und knapp 60 Prozent geben an, die Preise zu kennen. Überraschenderweise wird die Preisersparnis beim Kauf im Ausland bei Lebensmitteln sogar noch unterschätzt. Neben dem Preis sind auch andere Motive für den Lebensmitteleinkauf im Ausland verantwortlich. Konsumenten finden dort Produkte, die sie in der Schweiz nicht erhalten und erfreuen sich an der grossen Produktauswahl im Ausland. Auch schätzen sie die praktischen Öffnungszeiten und dass sie im Ausland alle Lebensmittel an einem Ort erhalten. Oftmals verbinden Konsumenten auch einen Ausflug ins Ausland mit einem Lebensmitteleinkauf. Konsumenten gewöhnen sich an das Pro-duktangebot und die Lebensmittelpreise im Ausland. Über 40 Prozent der Befragten geben an, sich an den Lebensmitteleinkauf im Ausland gewöhnt zu haben. Mittlerweile haben Einkaufstouristen ihre anfängliche Skepsis überwunden und trauen nun den ausländischen Händlern hinsichtlich Qualität und Service eine gewisse Kompetenz zu. Dies verschärft die Situation für den Schweizer Lebensmittelhandel. Erst ab einem Kurs von 1,40 Franken zu einem Euro würde sich das Einkaufsvolumen der Konsumenten im Ausland massgeblich eindämmen lassen. Es ist an der Zeit, eine langfristige Strategie zu entwickeln, um somit die negativen Folgen des Einkaufstourismus für die Lebensmittelindustrie abzufangen. Mögliche Gegenmassnahmen Wie können Schweizer Lebensmittelhändler diesen Gewohnheitseffekt entschärfen und die Abwanderung von Kunden ins Ausland bremsen? Die Stärken der deutschen Händler liegen zum einen beim Angebot an Marken- und Eigenmarkenprodukten sowie in den Sortimentsbereichen Fleisch- und Wurstwaren. Während deutsche Händler durch Sortimentsbreite und -vielfalt bestechen, verzeichnen Schweizer Lebensmittelhändler einen besonders grossen Vorsprung in puncto Qualität. Im Vergleich zum deutschen Markt spricht vor allem das grosse Angebot an Bioprodukten, regionalen Produkten sowie die Transparenz der Herkunft der Produkte den Schweizer Konsumenten an. Auf diesem Fundament können Schweizer Händler in zweifacher Hinsicht aufbauen, um sich gegenüber der Konkurrenz jenseits der Grenze zu profilieren. Zum einen sollten sie versuchen, die Themen Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit noch stärker ins Bewusstsein zu rücken. Zum anderen sollten Schweizer Händler die neuen Sortimentsbedürfnisse, etwa bei Marken- und Eigenmarkenprodukten, erkennen und eine Ergänzung des Warenangebots in Erwägung ziehen. Die gute Nachricht ist, dass die Zahlungsbereitschaft für Lebensmittel in der Schweiz im Vergleich zu 2015 wieder steigt. So würde knapp die Hälfte der Befragten einen Preisaufschlag von 20 Prozent oder mehr in Kauf nehmen. Diese gesteigerte Zahlungsbereitschaft können Schweizer Händler ausschöpfen, indem sie durch geschickte Mehrwertkommunikation das Preisimage ihrer hochwertigen Produkte verbessern. Eine transparente Mehrwertkommunikation würde dabei helfen, die gehobenen Preise in der Schweiz zu rechtfertigen und den Fokus auf die Trendthemen Regionalität und Nachhaltigkeit zu lenken. Ziel sollte es sein, Kunden durch ansprechende Kommunikationsmassnahmen am Point of Sale und ein attraktives Sortiment in die eigenen Läden zu bringen, ohne sich auf einen vernichtenden Preiskampf mit den deutschen Konkurrenten einzulassen. Der Einkaufstourismus wird auch in Zukunft eine zentrale Herausforderung für den Schweizer Handel darstellen. Der Konsument, unabhängig vom Einkommen, hat sich an den Einkauf im grenznahen Ausland gewöhnt. Auch eine Abschwächung des Frankens stellt kurz- und mittelfristig keine Lösung dar. Daher wird sich der Schweizer Lebensmittelhändler auch in Zukunft der Herausforderung stellen müssen, wie er den Kunden langfristig binden kann. *Die Autoren: Thomas Rudolph ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Marketing sowie Direktor des Forschungszentrums für Handelsmanagement. Kathrin Neu­müller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Forschungszentrum für Handelsmanagement. Dr. Liane Nagengast ist Assistenzprofessorin für Konsumverhalten und Einzelhandelsmarketing.

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