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Agrarpolitik: Wieder reden miteinander

Die Diskussion über Agrarpolitik soll wieder sachlich und konstruktiv geführt werden. Dies war das Anliegen der Tagung «Unterwegs im Gespräch», die am 19. und 20. August in Zollikofen stattfand.

Beim Thema Agrarpolitik herrsche eine «unbefriedigende Diskussionskultur», sagte Peter Spring, stellvertretender Direktor der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft HAFL, in seiner Eröffnungsrede zur Agrarpolitik-Tagung «Unterwegs im Gespräch». Damit meinte er das Verhältnis zwischen Bauernverband und Bundesrat, das in letzter Zeit etwas schwierig geworden war. Man wolle einen Beitrag dazu leisten, dass die Akteure wieder ins Gespräch kämen, und dass vor allem die Jungen auch Lust bekämen, mitzudiskutieren, sagte Spring. Wie unterschiedlich die Standpunkte sind, zeigten die folgenden Referate. Der Landwirt Aurélien Jordan richtet seinen Betrieb konsequent nach der Rentabilität aus. Er bewirtschaftet in Carouge einen 42-Hektaren-Betrieb, mit Weizen, Gerste, Raps und Mais, sowie Leinen, Tabak, Gurken und weiteren Gemüsen, mit Freilandschweinen, mit Direktverkauf, Schule auf dem Bauernhof und Pensionspferdehaltung. Den höchsten Umsatzanteil erzielt er mit Tabak und den Pferden, diese Betriebszweige will er ausbauen. Fraglich sei, ob bei einer allfälligen Grenzöffnung die Getreide- und Fleischproduktion noch rentabel seien, sagte Jordan. Corinne Mühlebach, Geschäftsführerin bei der gleichnamigen Mühle in Würenlingen, betonte, dass man auch als KMU versuchen müsse, neue Produkte zu entwickeln und der Commodity-Falle zu entkommen. Die Preislücke zur EU (gut 20 Franken in der EU für 100 kg Weizen, gut 50 Franken in der Schweiz) könne man aber mit Innovation nicht schliessen. Mühlebach zeigte sich deshalb skeptisch gegenüber einem Grenzschutzabbau. Sie sei daran interessiert, dass die Getreidebauern mit dem Getreide Geld verdienen könnten. Agrarreform mit Blick auf Europa Alt Bundesrat Pascal Couchepin und Hans Burger, ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), blickten zurück auf die Anfänge der «Agrarpolitik 2002», mit der die Direktzahlungen eingeführt und die Marktstützungen zurückgeschraubt wurden. Heute koste die Landwirtschaft die Steuerzahler und Konsumenten rund sieben Milliarden Franken, mehr sollte es nicht sein, sagte Couchepin. Er ist nach wie vor davon überzeugt, dass die Schweiz sich gegenüber der EU öffnen müsste. Aber auch Mercosur sei ein interessanter, wachsender Markt. Couchepin schlug vor, mit den Erlösen aus Fleischkontingentsversteigerungen die Mercosur-Verhandlungen etwas zu vereinfachen. Burger erklärte in seinem Blick zurück, Ziel der Reform sei damals gewesen, dass die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft europakompatibel werde. Nach dem Fall der Berliner Mauer habe Aufbruchstimmung geherrscht, ein Beitritt zur EU sei nicht so undenkbar gewesen wie heute. Seine Bilanz über die Reform ist zwiespältig: In Bezug auf die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft habe man einiges erreicht, aber wettbewerbsfähiger sei die Branche nicht geworden: «Im Gegenteil, die Preisabstände haben sich vergrössert.» Im Podium prallten dann die Ansichten von Burger und Couchepin und von Corinne Mühlebach aufeinander. Mühlebach fragte Burger, was er ihr denn raten würde, wenn ohne Grenzschutz viele Getreideproduzenten mangels Rendite aus der Produktion aussteigen würden. Burger sah darin offenbar kein grosses Problem. Der Schweizer Getreidepreis würde in die Nähe des EU-Preises kommen, zu Mühlebachs Vorteil, und «es wären dann andere Betriebe, die Getreide produzieren», sagte er. Couchepin gab immerhin zu, dass Freihandel beim Getreide «sehr schwierig» werden würde. Grenzschutz nicht nur für die Bauern Am zweiten Tag ging es noch kurz um Vergangenheitsbewältigung: Francis Egger vom Schweizer Bauernverband wiederholte die Vorwürfe gegen die Gesamtschau des Bundesrates – «falscher Zeitpunkt», «erschreckende Szenarien» und «Mercosur-Verhandlungen mit Agrarpolitik vermischt» – und Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, gab offen Kommunikationsmängel zu: «Wer keine Fehler macht, lernt nichts. Wir haben viel gelernt.» Zuvor hatte die OECD-Vertreterin Emily Gray dargestellt, dass der Schweizer Grenzschutz kein effizientes Instrument sei, um die Bauern zu unterstützen oder auch, um andere agrarpolitische Ziele zu erreichen. Ausserdem würden vor- und nachgelagerte Stufen vom Grenzschutz profitieren. BLW-Direktor Lehmann haute in die gleiche Kerbe und sagte, leider werde darüber überhaupt nicht diskutiert: «In der Bundesverfassung steht, dass die Landwirtschaft unterstützt werden soll, es steht nichts von anderen Akteuren.» Philipp Wyss, Einkaufs- und Marketingleiter bei Coop, meinte, Grenzschutz bedeute letztlich immer etwas weniger Wettbewerb und höhere Preise, bestritt aber, dass Coop vom Grenzschutz profitiere. Beim Fleisch beispielsweise habe Coop in zehn Jahren die Marge halbiert, im letzten Jahr sei man bei zehn Prozent Marge gewesen, und davon hätten noch Löhne, Mieten und Betriebskosten bezahlt werden müssen. Dazu komme, dass Land und Immobilien in der Schweiz immer teurer würde. Moderator Adrian Krebs, Chefredaktor der Bauernzeitung, bekannte ironisch gemeintes Mitleid mit Coop, Preisüberwacher Stefan Meierhans betonte dann aber, dass in der Schweiz immerhin Tiefstzinsen, hohe Produktivität, lange Arbeitszeiten und ein kurzer Mutterschaftsurlaub die Kosten für Verarbeiter und Detailhändler auch senken. Mercosur als Chance Während Francis Egger betonte, der Bauernverband sei nicht grundsätzlich gegen ein Abkommen mit den Mercosur-Ländern und werde jetzt mit dem Bund im Gespräch bleiben, erklärte BLW-Direktor Lehmann, Mercosur könne eine Chance sein: «Wenn man beim Käse mehr bekommen kann, als man beim Fleisch verliert, dann ist das nicht negativ.» Mit zusätzlichen Importkontingenten für Rindfleisch werde man wohl eine Lösung finden können. Allerdings verbessere man mit Kontingenten die Wettbewerbsfähigkeit der Branche nicht, fand Lehmann. Dafür wäre es besser, den Grenzschutz in Richtung Zweizoll- oder Einheitszollsystem weiterzuentwickeln. Regina Fuhrer, Präsidentin der Vereinigung kleiner und mittlerer Bauern VKMB, sah es grundsätzlich anders: Man müsse nicht mit weniger Grenzschutz die Schweizer Bauern wettbewerbsfähiger machen. Wünschenswert wäre, dass auch die europäischen Bauern bessere Preise für ihr Produkte erhielten. Die Schweiz müsse auch Verantwortung übernehmen für Lebensmittel aus dem Ausland, deshalb sei die Fair-Food-Initiative, die am 23. September an die Urne kommt, eine gute Sache. roland.wyss@rubmedia.ch

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