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Sandwiches und Salate statt Würste

Bells Transformation vom Metzger zum Convenience-Hersteller liefert für 2018 eine durchzogene Momentaufnahme. Die Integration von Hügli war einer der Gründe für viel höheren Umsatz und sinkenden Gewinn.

von Roland Wyss-Aerni

Im deutschen Bad Wünnenberg wird neu Convenience produziert. (Bild zvg)

«Der Convenience-Markt wird hier und heute gemacht», sagt Bell-CEO Lorenz Wyss. «Wer jetzt gut aufgestellt ist, kann künftig eine wichtige Rolle spielen.» Dass Bell dazugehören will, ist klar. Mit den Akquisitionen von Hilcona und Eisberg, im letzten Jahr von Würzmittelhersteller Hügli und Salathändler Sylvain & Co setzt Bell konsequent auf den Bereich Convenience, um das klassische Fleischgeschäft zu ergänzen. Die wirtschaftliche Logik dahinter ist auch klar: Der Fleischmarkt wächst in den Ländern, in denen Bell tätig ist, mit höchstens 1 bis 1,5 Prozent pro Jahr, die Convenience-Umsätze wachsen mit mindestens 3 Prozent. Bei Bell liefert die Convenience-Sparte bereits ein Viertel des Umsatzes.

Bell reorganisiert deshalb die Produktionsstätten und baut die Convenience-Produktion unter den Marken Hilcona und Eisberg aus: Im deutschen Werk Bad Wünnenberg, wo bisher Frikadellen und Chicken Nuggets produziert werden, entstehen neu Fertiggerichte, Sandwiches, Salate oder Müesli. Ein Teil des bisherigen Sortiments aus Bad Wünneberg soll künftig im österreichischen Marchtrenk produziert werden, wo Bell einen neuen Produktionsbetrieb baut. Auch dort soll aber der Schwerpunkt auf Convenience liegen.

Bell, der externe Kochservice

Die Kunden im Detailhandel mit frischen und gesunden Sandwiches, Salaten und Snacks zu bedienen, ist das eine. Das andere, für Bell fast noch attraktiver, weil margenträchtiger, ist der Food Service. Damit ist nicht in erster Linie der Grosshandel für Restaurants gemeint – auch dort ist der Preikampf hart –, sondern die Belieferung von Kantinen, Firmen, Spitälern, Heimen oder auch Hotels mit essfertigen Menüs. «Es fehlen überall die Köche», brachte es Wyss auf den Punkt. Immer häufiger werde die Essenszubereitung ausgelagert, hier könne Bell – gemeinsam mit der Coop-Tochter Transgourmet – einspringen und dank neuen Technologien eine hohe Qualität liefern. Ein Geschäftsfeld übrigens, das Konkurrentin Migros selbstredend auch schon entdeckt hat.

Bell konnte 2018 den Umsatz um 15,4 Prozent auf 4,14 Milliarden Franken erhöhen. Der Jahresgewinn allerdings sank um 16,1 Prozent auf knapp 90 Millionen Franken, bedingt durch höhere Abschreibungen im Zusammenhang mit der Integration von Hügli, Währungseffekte und ein schwaches erstes Halbjahr. Darauf reagierte Bell unter anderm mit reduzierten Schlachtungen. Notwendige Preiserhöhungen beim Geflügel habe man aber erst im November realisieren können, und das Weihnachtsgeschäft – wohl wegen ungünstig gelegener Feiertage – sei um geschätzte sechs Millionen Umsatz schwächer gewesen als im Vorjahr, sagte Bell-Finanzchef Marco Tschanz.

2019 will Bell die Integration von Hügli und Sylvain & Co abschliessen, wie Wyss sagte. Synergiepotenziale, auch mit Coop und Transgourmet, wolle man vermehrt ausnützen, die Markenpalette von Hügli soll bereinigt werden. Und auch dem Thema «Laborfleisch» verschliesst sich Bell nicht: Die Beteiligung am niederländischen Laborfleischhersteller Mosa Meat geschehe aus voller Überzeugung, sagte Wyss. «Es gibt eine Möglichkeit, dass es zum Fliegen kommt. Dann wollen wir dabei sein.»