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Wir essen zu viel Protein

Wenn wir nur so viel Protein essen würden, wie unser Körper tatsächlich braucht, könnten wir unseren Umweltfussabdruck schon beträchtlich verkleinern: Ein Vortragsabend der Berner Fachhochschule rückte die Nachhaltigkeit unseres Proteinkonsums in den Fokus.

Hülsenfrüchte spielen eine wichtige Rolle, wenn unsere Ernährung klimafreundlicher werden soll. (Symbolbild Pixabay)

Proteine sind für uns Menschen lebensnotwendig, die Proteinproduktion belastet aber unsere Umwelt. «Die Proteinversorgung ist ein Schlüssel zu einem nachhaltigen Ernährungssystem», sagte Matthias Meier, Dozent für nachhaltige Ernährungswirtschaft an der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, an einem Online-Vortrag vom 12. Januar zum Thema Pflanzenproteine (siehe «Mehr zum Thema»). Die Ernährung sei in der Schweiz für 28 Prozent der Umweltbelastung verantwortlich, die Proteinversorgung mache dabei über die Hälfte des ernährungsbedingten Umweltfussabdrucks aus, verdeutlichte Meier die Dimensionen. Und: Tierische Proteine hätten eine höhere Umweltbelastung als pflanzliche. Global gesehen verschärft sich das Problem: die Weltbevölkerung steigt und auch der tägliche Pro-Kopf-Konsum von Protein geht auf der ganzen Welt seit Jahrzehnten nur in eine Richtung – nach oben. Wäre also eine rein pflanzliche Ernährung die Lösung? Meier hat das für die Schweiz durchgerechnet. Unser Proteinkonsum besteht hierzulande zu 60 Prozent aus tierischen Produkten wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern und zu 40 Prozent aus pflanzlichen Lebensmitteln (in den 1960ern war das Verhältnis übrigens noch umgekehrt). Würden wir uns zu 100 Prozent pflanzlich ernähren, so könnten wir unsere ernährungsbedingte Umweltbelastung um einen Drittel reduzieren, so Meier.

Viehwirtschaft braucht es weiterhin
Die Sache habe aber einen Haken: In der Schweiz und weltweit gebe es viel Grasland, das sich nicht zum Ackerbau eigne. «Die Weltbevölkerung nur mit den Ackerlandressourcen zu ernähren, das wird schwierig», sagte Meier. Eine graslandbasierte Fleisch- und Milchproduktion sei deshalb nötig – und könne mit angepasstem Tierbestand auch nachhaltig gestaltet werden. Um die Proteinversorgung umweltverträglicher zu machen, müsse man zuerst bei der konsumierten Menge Protein ansetzen, findet Meier. 98 Gramm Protein isst im Schnitt jede und jeder von uns in der Schweiz pro Tag. Laut Meier eigentlich viel zu viel. Physiologisch gesehen brauche unser Körper nämlich nur 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Ein 80 kg schwerer Mann bräuchte also 64 Gramm täglich, eine 65 kg schwere Frau 52 Gramm. Im Schnitt würden also 58 Gramm pro Kopf und Tag reichen, das sind 41 Prozent weniger als heute. «Würden wir nur so viel Protein konsumieren, wie physiologisch nötig, könnten wir unseren Umweltfussabdruck schon beträchtlich reduzieren.» Weiter gelte es, den Anteil tierischer Produkte zu reduzieren, vor allem Fleisch, und durch Pflanzen mit hohem Proteingehalt zu ersetzen, also mit Hülsenfrüchten und Nüssen.
Ist die Käsealternative wirklich eine Alternative?
Ist es also ökologisch sinnvoll, zwischendurch zu den «Gschwellti» statt Käse eine Käsealternative auf Nussbasis zu servieren? Und wie schneidet die Alternative punkto Nährwerte ab? Das beleuchtete Sonja Schönberg, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Berner Fachhochschule, Departement für Gesundheit, in ihrem Vortrag. Sie hat die Ökobilanzen und Nährwertprofile eines Schweizer Bio-Kuhmilchweichkäses und einer Schweizer Weichkäsealternative auf Basis von Bio-Cashewnüssen miteinander verglichen. Ihr Fazit: Obwohl die Cashews in Afrika und Indien angebaut und um die halbe Welt verschifft würden, sei die Käsealternative deutlich weniger klimaschädlich als der Kuhmilchkäse. «Die Umweltbelastung des Cashew-Produkts beträgt nur einen Drittel derjenigen des Käses», sagte Schönberg. Auch wenn man das Klimaerwärmungspotenzial pro Kilogramm Protein berechne, sei die Käsealternative weniger als halb so problematisch für den Umweltfussabdruck als der Kuhmilchkäse. Ernährungsphysiologisch betrachtet, liefere das Cashew-Produkt etwa gleich viel Protein wie der Käse. Die Alternative enthalte aber mehr Fett (wenn auch viele ungesättigte Fettsäuren) und deutlich weniger Kalzium als der Kuhmilchkäse. «Punkto Kalziumzufuhr kann die Käsealternative ganz klar nicht die gleiche Funktion einnehmen wie der Kuhmilchkäse», stellte Schönberg fest. Ausserdem gebe es bei dem Cashew-Produkt auch aus ökologischer Sicht offene Fragen: So könnte etwa die erhöhte Nachfrage nach Cashewnüssen dazu führen, dass in den Anbaugebieten Monokulturen entstünden. «Damit würden wir unseren ökologischen Fussabdruck einfach auslagern.» Angesichts dieser Komplexität sei die Cashew-Käsealternative wohl «kein Patentrezept für eine nachhaltige Ernährung», aber ein Schritt in eine Richtung, die ermögliche, weniger tierische Produkte auf dem Menüplan zu haben. «Und das ist grundsätzlich eine wichtige Botschaft.»
«Wandel braucht Zeit»
«Wir brauchen einen Wandel unserer Ernährungsgewohnheiten», sagte die Ernährungs- und Umweltsoziologin Evelyn Markoni in ihrem Referat. «Aber dieser Wandel braucht Zeit.» Denn Essen sei mehr als nur Kalorienzufuhr, sondern sei stark mit Gefühlen verknüpft (auch Ekelgefühlen), mit sozialen Regeln und Identität. Weshalb sich gewisse Trends und Praktiken im Alltag durchsetzten und andere nicht, das sei eine Frage, der sich ihre Disziplin noch stärker widmen müsse, so Markoni.  

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