5

Um ohne Wartezeit zum Artikel zu gelangen, benötigen Sie ein Abonnement.

Bereits registriert oder Abonnent:in?

Login

Jetzt Abo abschliessen

Probe Abo

Kostenlos

Geniessen Sie für einen Monat kostenlos alle Vorzüge eines Premiumabos.

Premium

ab CHF 98.–/Jahr

Online

Erhalten Sie uneingeschränkten Zugang zu allen Online-Beiträgen.

mit Papierrechnung ab 123.–

Premium Plus

ab CHF 170.–/Jahr

Online

Print

Uneingeschränkter Onlinezugang

Plus monatlich das gedruckte Magazin im Briefkasten.

mit Papierrechnung ab 195.–

«Pflichtenheft verbietet Jodsalz»

Imageschaden, Exportprobleme, Deklaration: Die Schweizer Käsebranche hat einige Vorbehalte gegen die neue Empfehlung von Agroscope und dem BLV, beim Käsen wieder jodiertes Salz zu verwenden.

Seit gut zehn Jahren wird in der Schweiz praktisch nur noch mit jodfreiem Salz gekäst. (Bild Switzerland Cheese Marketing)

Die Schweizer Käsebranche könnte mit ihrem Käse einen wichtigen Beitrag zur Jodversorgung der Schweizer Bevölkerung leisten – vorausgesetzt, die Käserinnen und Käser würden flächendeckend jodiertes Salz im Salzbad und bei der Käsepflege verwenden, was heute nicht der Fall ist. Zu diesem Schluss kommen Forscher von Agroscope und des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in einer neuen Studie, die sie Anfang Mai publiziert haben (siehe «Mehr zum Thema»). 
BLV und Agroscope empfehlen deshalb der Käsebranche, jodiertes Speisesalz zu verwenden. 1922 hat der Bund jodiertes Speisesalz lanciert, um die Menschen vor den Folgen eines Jodmangels zu schützen. Obwohl seither der Jodgehalt kontinuierlich erhöht wurde, nehmen gewisse Teile der Bevölkerung heute zu wenig Jod auf, insbesondere schwangere und stillende Frauen. Ein Grund dafür ist die Salzstrategie des Bundes, die den Salzkonsum reduzieren will. Sinnvoller, als den Jodgehalt im Speisesalz weiter zu erhöhen, sei deshalb auf Jodsalz in der Käseproduktion zu setzen, da Käse gerne und oft konsumiert werde, heisst es in der Studie.
Fromarte sagt «Ja, aber»
Noch vor 15 Jahren arbeiteten die meisten Schweizer Käsereien mit jodiertem Salz, heute ist es weitgehend aus der Käseproduktion verschwunden. Seit 2010 empfiehlt Fromarte, der Dachverband der gewerblichen Käsereien, in seiner Branchenleitlinie explizit, nur unjodiertes Salz für die Käseproduktion zu verwenden. Ausschlaggebend dafür seien zwei Gründe gewesen, erklärt Kurt Schnebli, bei Fromarte zuständig fürs Qualitätsmanagement. Zum einen sprachen sich die französischen Behörden 2007 gegen jodiertes Salz in verarbeiteten Lebensmitteln aus, weil sie eine Überversorgung der Bevölkerung mit Jod befürchteten. Jodsalz hätte für Schweizer Käse also Probleme im Export bedeutet. Zumal damals auch andere Exportländer Auflagen für die Verwendung von jodiertem Salz erliessen.
Zum anderen muss seit 2008 auch in der Schweiz jodiertes Salz in Lebensmitteln deklariert werden. Speziell ist die Lage beim Käse: Sofern ausschliesslich Milch, Lab, Kulturen und Salz verwendet werden, müssen die Zutaten nämlich nicht angegeben werden - jodiertes Salz hingegen schon. Diese Deklarationsvorschrift mache der Branche das Leben unnötig schwer, kritisiert Kurt Schnebli. «Sie verursacht den Herstellern und dem Handel zusätzlichen administrativen Aufwand bei der Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung der Produkte.» Fromarte habe mehrmals vergeblich beim BLV gegen diese Vorschrift opponiert.
Die Reaktion von Fromarte auf die aktuelle Empfehlung von Agroscope und BLV ist denn auch ein «Ja, aber». «Wir unterstützen diese Empfehlung voll und ganz», sagt Kurt Schnebli. Die Massnahme sei sinnvoll und einfach umzusetzen. Fromarte knüpft die Unterstützung allerdings an die Bedingung, dass die Deklarationsvorschrift für jodiertes Salz geändert wird. Auch dass der Bund die Käsehersteller für die Verwendung von jodiertem Salz entschädigen würde, wäre für Fromarte eine Option, sagt Schnebli.
Exportgeschäft würde komplexer
An der Deklarationspflicht werde nicht gerüttelt, hält dazu das BLV fest. Die Deklarationspflicht für jodhaltiges Salz gelte ausnahmslos für alle Lebensmittel. «Es wird keine Ausnahme für Käse geben.» Nur so könnten sich die Konsumentinnen und Konsumenten über die Verwendung von jodiertem Salz informieren und auf dieser Grundlage ihre Kaufentscheidung treffen. 
Wie steht es mit jodiertem Salz als Exporthindernis? Das Verbot von Jodsalz in verarbeiten Lebensmitteln sei in Frankreich heute kein Thema mehr, so das BLV. Die französischen Behörden hätten kürzlich versichert, dass der Verkauf von Käse, der mit jodiertem Salz hergestellt wurde, nicht verboten sei, solange das Jod deklariert werde. 
Für die Milchverarbeiterin Emmi, die seit gut zehn Jahren kein Jodsalz mehr in der Käseproduktion verwendet, ist trotzdem klar: «Derzeit ist der Einsatz von jodiertem Salz in der Käseherstellung kein Thema», wie Firmensprecherin Sibylle Umiker sagt. Jodiertes Salz würde die Komplexität im Exportgeschäft «massiv» erhöhen, da die entsprechenden Bestimmungen punkto Einsatz und Deklaration von jodiertem Salz für jede Exportdestination erhoben und umgesetzt werden müssten. Auch Switzerland Cheese Marketing hält in einer Stellungnahme fest, dass die Salzjodierung nicht zu einem Handelshemmnis werden dürfe. Knapp 6000 Tonnen Schweizer Käse würden allein jährlich nach Frankreich exportiert. «Ein Wegfall dieser Exportmenge wäre für die Schweizer Käsebranche dramatisch», so Mediensprecherin Christa Wettstein.
Imageproblem fürs Naturprodukt Käse?
Die Deklaration von Jodsalz könnte für den Schweizer Käse, der als reines Naturprodukt vermarktet und von den Konsumenten auch so wahrgenommen wird, auch zu einem Image-Problem im Export werden. Während nämlich in der Schweiz die Angabe «Jodiertes Speisesalz» genügt, muss Jodsalz in der EU als zusammengesetzte Zutat aufgeführt werden, also als «jodiertes Speisesalz (Salz, Kaliumiodid)», erklärt Nathalie Schneuwly, Paralegal bei Food Lex, einem auf Lebensmittelrecht spezialisierten Anwaltsbüro. «Die Angabe der chemischen Verbindung kann auf den Verbraucher künstlich und abschreckend wirken», sagt Schneuwly. Das sieht auch Christa Wettstein von Switzerland Cheese Marketing so: «Das wird mit Sicherheit einen negativen Impact auf das Image von Schweizer Käse haben.»
Ein weiteres Problem: Verschiedene Sortenorganisationen haben die Verwendung von Jodsalz in ihrem Pflichtenheft verboten. «Jod gilt als Zusatzstoff, und die sind beim Emmentaler verboten», erklärt zum Beispiel Stefan Gasser, Direktor von Emmentaler Switzerland. Sollte es eine Branchenlösung geben, würde Emmentaler Switzerland aber mitmachen, so Gasser. Allerdings: «Eine Änderung des Pflichtenhefts wäre eine Riesenübung.»
Gespräch soll Lösung bringen
Beim Jodsalz in der Käseproduktion gibt es also noch viel offene Fragen, Hindernisse und grossen Klärungsbedarf. Zusammen mit Agroscope will das BLV laut eigenen Angaben «demnächst» das Gespräch mit der Käsebranche suchen. «Wir sind überzeugt, dass sich eine gemeinsame Lösung finden lässt», schreibt das BLV. «Unerlässlich» findet eine solche Diskussion auch Switzerland Cheese Marketing. alimenta/foodaktuell.ch bleibt auf jeden Fall am Thema dran.

Eigeninserat Veranstaltungen Eigeninserat Veranstaltungen

Ähnliche Beiträge

Wichtige Nachricht verpasst?

Nicht wenn Du den kostenlosen Newsletter abonniert hast.