(Pixabay)
Vor fast zwei Jahren hatte das Parlament die Agrarpolitik nach 2022 (AP22+) auf Eis gelegt und eine Langzeitperspektive verlangt, die auch Themen wie Ernährungssicherheit und Food Waste beinhalten sollte. Der Bundesrat legte diesen Bericht im Sommer vor und erntete im Ständerat Zustimmung.
Umsetzung in Etappen
Die Regierung skizziert den Weg der Land- und Ernährungswirtschaft bis 2050. Einbezogen hat sie die gesamte Wertschöpfungskette, vom Bauernbetrieb über Zwischenhandel und Verarbeitung bis auf den Teller. Die Landwirtschaft soll nachhaltig sein und mehr zur Ernährungssicherheit beitragen können als heute.
Gestützt auf den Bericht beantragte der Bundesrat, die Agrarpolitik gestaffelt umzusetzen, und er empfahl Streichungen aus der ursprünglichen Vorlage, denen der Ständerat folgte. Mit 42 zu 0 Stimmen hiess er Änderungen im Landwirtschaftsgesetz gut und mit 41 zu 0 Stimmen Anpassungen im Tierseuchengesetz.
Diese Beschlüsse bilden die zweite Etappe der Umsetzung der AP22+. Der erste Schritt waren die bereits bewilligten Massnahmen zur Verminderung der Risiken durch Pestizide. Die dritte Etappe soll eine weitergehende Reform ab 2030 sein. Im Fokus soll das gesamte Ernährungssystem stehen.
Die Mehrheit und der Bundesrat verfolgten eine «sehr minimalistische» Agrarpolitik, kritisierte Adèle Thorens Goumaz (Grüne/VD) in der Eintretensdebatte. Innovatives und auch Klima-Massnahmen fehlten in der Vorlage. Sie und ihre Fraktionskollegin Maya Graf (BL) forderten Tempo für den Klimaschutz.
Keine Klimaziele im Landwirtschaftsgesetz
Der Rat verzichtete aber auf die von Rot-Grün geforderte ausdrückliche Verankerung der Klimaziele im Landwirtschaftsgesetz - es ging um die Reduktion des Ausstosses von Treibhausgasen. Für die Mehrheit verwies Peter Hegglin (Mitte/ZG) auf übergeordnete Massnahmen. Die Ergänzung sei deshalb nicht nötig.
Rot-Grün hätte mit einem Ausbaupfad für das Tierwohl gar noch weiter gehen wollen, unterlag aber. Man könne betriebswirtschaftlich denken oder das hohe Tierschutzniveau halten oder gar erhöhen, sagte Roberto Zanetti (SP/SO) dazu. Bauern, die investieren wollten, bräuchten einen Wegweiser. Die Teilnahme an Tierwohlprogrammen sei bereits hoch, hielt Hegglin namens der Mehrheit dagegen.
Ebenso hätten SP und Grüne einen Absenkpfad für Treibhausgasemissionen festschreiben wollen, drangen aber nicht durch. Die Landwirtschaft sei vom Klimawandel existenziell betroffen und nehme das Thema ernst, begründete Hegglin den Verzichtantrag der Mehrheit.
Zanetti forderte einen gesetzlichen Auftrag an die Bauern, so wie es ihn beispielsweise für die Industrie gebe. Um die Absenkung stetig voranzubringen, müsse früh begonnen werden.
Beiträge an Ernteversicherungen
Weiter strich der Ständerat Beiträge an Beratungskosten zu Gunsten der Biodiversität. Die Mehrheit hatte dazu geltend gemacht, dass vor allem Beratungsbüros von dieser Bestimmung profitieren würden. Im Sinn des Bundesrates verzichtete der Ständerat auch auf die Anpassung des ökologischen Leistungsnachweises für Direktzahlungen.
Hingegen soll nach dem Willen des Ständerates der Bund Beiträge an privatwirtschaftliche Ernteversicherungen leisten können. Bedingung ist, dass diese Versicherungen grossräumige Risiken wie Trockenheit oder Frost abdecken. Verbessert hat der Ständerat auch die soziale Absicherung für auf Bauernbetrieben mitarbeitende Familienmitglieder.
Der Ständerat will dem Bundesrat zudem Folgeaufträge erteilen: Zunächst soll er seinen skizzierten Konzeptvorschlag zur Zukunft der Agrarpolitik in eine Botschaft für die nächste Etappe der Agrarpolitik ummünzen und diese bis Ende 2027 vorlegen.
Mit einer zweiten Motion gab der Ständerat dem Bundesrat den Auftrag, die ursprünglich mit der AP22+ geplante, aber aus der Neuauflage gestrichene Revision des Bodenrechts mit einer eigenen Vorlage neu aufzugleisen.
Mit 25 zu 15 Stimmen überwies der Rat schliesslich ein Postulat, das vom Bundesrat eine Analyse der Wettbewerbssituation im Lebensmittelmarkt fordert. Hintergrund des Vorstosses ist die Konzentration im Agrar- und Lebensmittelmarkt.