Ein Barista bedient gekonnt die verschiedenen Hebel der grossen Espresso-Maschine, die auf einem langen Holztresen thront. Menschen sitzen auf weinroten Barhockern, lesen Zeitung oder plaudern. Es riecht nach Leder, Kaffee und einer längst vergangenen Zeit: Pellegrini’s Espresso Bar in Melbourne ist eines der ältesten Cafés der Stadt, das noch im Originalzustand ist. In der für ihre Kaffeekultur weltweit gefeierten Metropole ist das Lokal die wohl traditionsreichste Adresse schlechthin.
Kultur mitgebracht
Das rot-grüne Neonzeichen mit der Aufschrift «Open 8AM» im Schaufenster, die Bodenfliesen im Schachbrettmuster und Familienfotos aus unterschiedlichen Jahrzehnten an den Wänden – das Café hat sich kaum verändert, seit es 1954 in Melbournes Innenstadt eröffnet wurde. «Viele Leute sagen uns, dass sie sich fühlen, als kämen sie nach Hause oder zu ihrer Grossmutter», sagt der heutige Besitzer David Malaspina (42). Dann serviert sein Barista in einer braunen Tasse einen «Flat White» – eine australische Variante eines kleinen Milchkaffees, aber mit kräftigerem Kaffeegeschmack. Es ist einer der besten der Stadt, da sind sich die Gäste einig.
An keinem anderen Ort der Welt gibt es pro Kopf so viele Cafés wie in Melbourne. Deswegen gilt Australiens zweitgrösste Stadt auch als Kaffeehauptstadt der Welt. Die Liebe zu der gerösteten Bohne geht auf die 1950er Jahre zurück. «Nach dem Krieg sind viele Europäer und viele andere Nationalitäten in diese wunderbare Stadt gekommen», erzählt Malaspina. «Und jeder hat seine Kultur mitgebracht. Für uns ist das der Kaffee.»
Kaffee-Ikone bekommt Staatsbegräbnis
Vor allem italienische und griechische Einwanderer sind es, die die ersten europäischen Espresso-Maschinen in die Stadt bringen. Pellegrini’s Espresso-Bar soll das erste Café mit einer solchen, damals völlig revolutionären Kaffeemaschine gewesen sein, so sagt die Legende – bewiesen ist das allerdings nicht. 1974 übernimmt Sisto Malaspina, ein italienischer Einwanderer, die Espresso-Bar gemeinsam mit Nino Pangrazio.