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Reserveoffizier auf Brotmission

Mit einer mobilen Bäckerei der Schweizer Armee bringt Florian Domberger in und um Berlin Sauerteigbrot in «Brotwüsten». An einer Tagung der Vereinigung der Backbranche (VDB) stellte er sein Konzept vor. Auch ein Thema: Spannende Zahlen zum Schweizer Backwarenmarkt.

«Die mobile Bäckerei lehrt einem Demut vor dem Sauerteig»: Florian Domberger. (zVg)

Florian Dombergers Backstube hat vier Räder und 55 Jahre auf dem Buckel: Der gelernte Speditionskaufmann und begeisterte Reserveoffizier der deutschen Bundeswehr kaufte vor einigen Jahren eine mobile Bäckerei der Schweizer Armee, die Mob BK Nummer 130, Jahrgang 1968. Im feldgrünen Anhänger ist eine komplette Backstube mit drei Öfen drin. Regelmässig fahren Domberger oder Angestellte seines «Domberger Brot-Werk» damit auf Dorfplätzen, Märkten oder Festivals in Berlin und Umgebung vor und backen und verkaufen vor Ort handwerklich hergestelltes Sauerteigbrot. Dombergers Mission: Gutes Brot dorthin bringen, wo es höchstens noch Industriebrot aus dem Supermarkt gibt. «Die mobile Bäckerei ist mein Brotwüstenexpeditionsfahrzeug», sagte Domberger an der VDB-Tagung vom 17. März in Horgen.
2016 eröffnete Domberger nach über 20 Jahren in der Logistikbranche in Berlin-Moabit seine erste Bäckerei. Das Backen hatte er in einem mehrmonatigen Praktikum gelernt. Inzwischen betreibt er zwei weitere kleine Bäckereien in Berlin, untergebracht in LKW-Wechselbrücken, die Domberger «Brotbrücken» nennt. Ausserdem hat er eine zweite mobile Armeebäckerei gekauft. 33 Angestellte beschäftigt Domberger inzwischen. Wer eine Brotbrücke führen will, muss sich seine Sporen in der mobilen Feldbäckerei abverdienen. «Das ist noch analoges Backen», sagte Domberger. Wer in der engen Backstube alle Arbeitsschritte von A bis Z erledigen müsse, lerne effizient zu arbeiten und «in Demut vor dem Sauerteig Qualität abzuliefern».
Seine Angestellten bildet Domberger von Grund auf aus. Die Leute sollen bei ihm nicht nur das Backen lernen, sondern auch das Führen. Vom syrischen Flüchtling, der im Krieg eine Hand verloren hat, bis zur Akademikerin, die was Handfestes machen will – bei Domberger bekommen alle eine Chance. «Wir holen die Leute bei dem ab, was sie schon können.» Mit jeder durchlaufenen Ausbildungsstufe steigt der Stundenlohn. Fachkräftemangel kennt Domberger nicht.
Vuaillat hat 15 Sauerteigbrote im Sortiment
Sauerteig spielt auch eine wichtige Rolle bei der Bäckerei Vuaillat. Zum zweiten Mal in Folge hat das Gastromagazin Falstaff im letzten Jahr Vuaillat zur beliebtesten Bäckerei in Zürich gekürt. Wieso, das weiss Geschäftsführer und Inhaber Martin Mayer selbst nicht so genau. Vielleicht liege es daran, dass er wohl eines der grössten Sauerteigsortimente (15 Sorten) der Schweiz habe, sagte der gelernte Bäcker. Sich in den Sauerteig verliebt hat sich Mayer bei einem mehrjährigen Aufenthalt in Neuseeland. 2016 übernahm er in der Schweiz die Bäckerei Vuaillat und betreibt heute vier Filialen in Uster, Illnau und Zürich. Mit 52 Angestellten macht er einen Umsatz von 4,5 Millionen Franken pro Jahr.
Sich in einem kompetitiven Markt mit steigenden Kosten und immer kleineren Margen zu behaupten, sei nicht einfach, betonte Mayer. Gute Produkte aus nachhaltigen Rohstoffen und eine angemessene Entlöhnung der Angestellten seien zentral. Bei Vuaillat wird so viel wie möglich in Tagschichten produziert – den Angestellten zuliebe und weil es günstiger ist als Nachtschichten. Zudem zahlt Mayer seinen Leuten einen Teil des Fitnessabos. Mühe, seine Lehrstellen zu besetzen, hat Mayer nicht. Zentral ist für Mayer auch die Kommunikation nach dem Motto «Tue Gutes und sprich darüber.» So seien viele gewerbliche Bäcker erschrocken, als die Grossverteiler begonnen hätten, die lange Teigruhe ihrer Brote auszuloben. «Gewerbliche Bäckereien setzen ja schon lang auf lange Teigruhe – aber wenn das die Kunden nicht wissen, nützt es nichts.»
Teuerung zeigt sich noch nicht im Konsum
Bei den Backwaren mögen es die Schweizerinnen und Schweizer ganz offensichtlich traditionell, das zeigen die Marktzahlen des Marktforschungsinstituts Nielsen. Der Butterzopf führt wertmässig im Schweizer Detailhandel die Sortenhitparade bei den Grossbroten an, bei den Kleinbroten ist es das Buttergipfeli. Was die Sortenhitparade auch zeigt: Bei den Grossbroten machen 15 Prozent der Produkte 50 Prozent des Umsatzes, bei den Kleinbroten sorgen 10 Prozent der Produkte für die Hälfte des Umsatzes. Für Markus Brand, Senior Analytic Consultant bei Nielsen, verdeutlichen diese Zahlen den «Fluch der Backbranche»: «Sie brauchen eine grosse Auswahl, um Leute anzulocken» – aber richtig Umsatz mache man nur mit wenigen Produkten.
Führt die Teuerung in der Schweiz zu einem «Billigboom»? Das werde in den Medien so herbeigeschrieben, aber die Marktzahlen sprächen eine andere Sprache, sagte Brand weiter. Die Sortimentsteuerung bei Lebensmitteln habe im letzten Jahr 1,2 Prozent betragen. Verglichen mit dem Ausland sei das «verdammt wenig», die Schweizer hätten deswegen ihr Einkaufsverhalten nicht geändert. So habe es letztes Jahr weder einen Run auf Promotionen gegeben, noch würden die Leute von Marken auf günstigere Eigenmarken wechseln. Ob die höhere Teuerung in diesem Jahr daran etwas ändere, werde sich zeigen, so Brand.
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Produktiv und nachhaltig: Die Zukunft der Landwirtschaft
Wie sieht die Schweizer Landwirtschaft von morgen aus? Das diskutierten Branchenvertreter an einer Podiumsdiskussion an der VDB-Tagung. Für den Agrarwissenschafter und Biopionier Urs Niggli liegt die Herausforderung darin, Produktivität mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Niggli sieht die Lösung in der Agrarökologie, die traditionelles Wissen, bäuerliche Erfahrungen und wissenschaftliche Innovationen verbindet. Bio als Mainstream funktioniere nur, wenn gleichzeitig die Lebensmittelverschwendung stark reduziert und der Fleischkonsum halbiert werde, so Niggli. Für Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, ist das Bioland Schweiz schon weiter, als der Marktanteil vermuten lasse. «Viele Methoden aus dem Biolandbau werden heute auch von Höfen ohne Knospe angewendet.» Für Regina Ammann, Leiterin Business Sustainability & Public Affairs von Syngenta Schweiz, steht auch die Politik in der Verantwortung. «Die Politik muss der Landwirtschaft mehr Freiräume gewähren.» Denn Innovation passiere nur, wenn man auch mal etwas falsch machen dürfe. «Regulation bremst Innovation», betonte auch Joseph von Rotz von der Fenaco. Gut aufgestellt punkto Innovation sieht Christoph Eggenschwiler, Geschäftsführer von IP-Suisse, die Schweizer Bauern. «Viele sind risikofreudig und bereit, Neues auszuprobieren.»
Einig war sich die Runde, dass Präzisionslandwirtschaft ein riesiges Potenzial hat – aber auch Risiken birgt. «Das ist kostspielig und treibt Bauern in neue Abhängigkeiten», sagte Brändli. Auch Niggli sieht die Gefahr, dass Bauern durch die Technik entmündigt werden könnten. «Wir brauchen Tools, die Bauern befähigen, selber Entscheide zu treffen.»

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