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Eine Rosskur für Cremo

Milchverarbeiter Cremo hat unübersehbare Probleme. Ein anspruchsvolles Transformationsprogramm soll diese in den nächsten drei Jahren beheben – unter einer neuen Führung.

George Godel, der neue Verwaltungsratspräsident von Cremo, sieht die Situation als «besorgniserregend». (Roland Wyss-Aerni)

Unter dem Titel «Ein Aufstieg aus Ruinen» huldigten die «Freiburger Nachrichten» vor drei Jahren Paul-Albert Nobs, dem damals scheidenden Chef von Cremo. Nobs war als junger Ingenieur 1983 von der EPFL zur Firma gekommen und übernahm nach einem Grossbrand im Betrieb 1990 den Wiederaufbau der Anlagen und dann die Produktionsleitung, 1995 wurde er Generaldirektor und führte Cremo dann 26 Jahre lang. Nobs, in der Freiburger Politik und Wirtschaft exzellent vernetzt, wurde 2020 als verdienter Firmenchef wohlwollend verabschiedet.
Reformstau
Heute, knapp drei Jahre nach Nobs’ Abgang und eineinhalb Jahre nach einem missglückten Intermezzo mit dem Kurzzeit-CEO Hervé Perret ist die Situation des Unternehmens «besorgniserregend». So formuliert es der neue Verwaltungsratspräsident und frühere Freiburger Staatsrat Georges Godel. «Externe» Faktoren wie ein hoher Milchpreis und hohe Energie- und Verpackungspreise, aber auch eine Cyberattacke hätten im Geschäftsjahr zu einem «ausserordentlichen Defizit» geführt, so heisst es im Geschäftsbericht. 22,5 Millionen Franken Minus, es ist der dritte Verlust in Serie, der fünfte in sechs Jahren, «externe Faktoren» als Grund dafür sind nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte sind «interne» Faktoren aus der Ära Nobs: veraltete Produktionsanlagen, veraltete IT-Systeme, eine nachlässige Unternehmenskultur, eine wenig innovative Produktpalette, ein zu langes Verharren in der Funktion als «Milchmarktregulierer», ein von Milchproduzenten dominierter Verwaltungsrat.
Frédéric Métrailler gibt als neuer CEO seit April 2022 Gegensteuer, er sagt, die Cremo müsse von ihrer Funktion als Regulierer wegkommen, sie müsse innovativer werden, und er hat auch schon einige harte Entscheide gefällt: Das Werk in Steffisburg wurde im August 2022 geschlossen, der Standort Lucens Ende Mai 2023, und auch die Biomolkerei in Lyss ist seit Ende Juni Geschichte sein (s. Kasten).
Den Blutverlust stoppen
Doch das reicht alles nicht. «Cremo hat seit 2016 Defizite kumuliert und rund 30 Prozent des Eigenkapitals verloren», sagte Godel an einer Medienkonferenz vom 6. Juni. Diesen Blutverlust müsse man stoppen. Das Unternehmen sei nicht gut aufgestellt, um turbulente Jahre wie das letzte verkraften zu können. Die Cremo-Spitze ergreift deshalb unter Führung von Godel die Flucht nach vorne.
Erstens: Cremo setzt bis 2027, dem 100-jährigen Jubiläum der Firma, ein ambitiöses Transformationsprogramm um, um produktiver und agiler zu werden. Zweitens: Das Unternehmen erhält mit Ralph Perroud einen neuen CEO, Métrailler wird neu Chief Operations Manager (COO). Drittens: Im Verwaltungsrat sollen zwei neue Mitglieder mehr strategische Kompetenz hineinbringen.
Das Transformationsprogramm, genannt CAP 2027, soll mit Investitionen und mit der Einführung von Lean Management effizientere Prozesse bringen, wie Métrailler erklärte, nicht nur in der Produktion, sondern in allen Abteilungen. Investiert werden soll insbesondere in die Butter- und Halbhartkäseproduktion, aber auch in ein neues Warenbewirtschaftungssystem ERP, insgesamt Investitionen von mehreren Dutzend Millionen Franken. Die Anlagen seien alt und pannenanfällig, teilweise habe man Lieferverzögerungen gehabt, das sei «nicht akzeptabel», sagte Godel.
Damit einher müsse eine Änderung der Unternehmenskultur gehen, betonte Métrailler, alle Mitarbeitenden seien hier gefordert. Das Ziel ist, in den nächsten drei Jahren 23 Millionen Franken einzusparen. Weitere Standortschliessungen oder ein weiterer Personalabbau seien nicht geplant, versicherte Métrailler.
Ein neuer CEO
Neuer CEO von Cremo wird ab November 2023 Ralph Perroud, er wurde am 17. April vom Verwaltungsrat gewählt. Perroud ist heute CEO des Käseaffineurs Fromages Gruyère SA und hatte davor verschiedene Kaderpositionen bei Mondelez Schweiz, bei Nestlé und bei einem Walliser Weinhändler inne. Begonnen hat er in der Bankenbranche, er hat einen Abschluss der Hochschule St.Gallen.
Auch der Verwaltungsrat wird neu aufgestellt. An der Generalversammlung vom 7. Juni wurden Olivier Michaud, Westschweiz-Direktor bei der IE Engineering Group, und der Unternehmensberater Jacques Amey gewählt. Die beiden seien erfahrene Persönlichkeiten mit ausgewiesenen Kompetenzen in den Bereichen Industrie und Handel, sagte Godel gegenüber foodaktuell, damit seien diese wichtigen strategischen Kompetenzen neu im Verwaltungsrat vertreten.
In Nachhaltigkeit investieren
Cremo muss auch beim Thema Nachhaltigkeit aufholen. Man habe schon bisher Massnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit umgesetzt, sagte Generalsekretär Thomas Zwald, etwa Solarpanels auf dem Firmendach für Prozesswärme oder die Verwendung von Fernwärme. Das Ziel sei nun, für das Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie zu definieren und Fortschritte in der Nachhaltigkeit messbar zu machen.
Die ersten drei Monate 2023 sind für die Cremo-Spitze Anlass für Optimismus, die bereits ergriffenen Massnahmen hätten bereits erste Wirkung gezeigt. Auch die Kalter-Kaffee-Akquisition Lattesso laufe gut. Die Volatilität auf den Beschaffungsmärkten, vor allem bei Milch und Energie, sei geringer geworden, sagte Godel. So sollen für 2023 ein Break-Even erreicht werden und für 2024 wieder schwarze Zahlen.
Auf die Frage von foodaktuell, ob Cremo die Schritte, die sie jetzt tut, nicht schon vor zehn Jahren unter Paul-Albert Nobs hätte tun müssen, sagt Generalsekretär Thomas Zwald: «Sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen und Noten verteilen bringt nichts. Es stimmt, wir haben uns in bestimmten Bereichen einen Rückstand eingehandelt, den wir jetzt aufholen müssen.» Auch Georges Godel scheut vor Kritik zurück: «Es ist besser, in Scheinwerfer zu investieren als in Rückspiegel», sagt er diplomatisch. «Man soll nicht andere kritisieren, man soll es besser machen.»
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Lichterlöschen in Lyss
Der Standort in Lyss, vor vier Jahren eröffnet, ist seit Ende Juni geschlossen. Die Verkaufsmengen von Joghurts, Trinkmilch und Quark unter der Marke «Jardin du Seeland» waren zu gering. Die Anlage mit einer Verarbeitungskapazität von 7 Millionen Kilogramm Milch war mit rund einer Million ausgelastet, pro Jahr entstanden so Verluste von mehreren hunderttausend Franken. Von den fünf betroffenen Mitarbeitenden haben drei ein Jobangebot für den Standort in Villars-sur-Glâne erhalten, zweien wurde gekündigt. Die Milch aus Lyss wird neu in Villars-sur-Glâne verarbeitet.
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Die Zahlen von Cremo
in Mio Fr.                                                       2021            2022
Umsatz                                                          500,8             512,9
EBITDA                                                           20,3                 1,9
EBIT                                                                  1,7             -29,2
Jahresergebnis                                                 2,9             -21,5
Eigenkapital                                                   164,0             127,8
verarbeitete Milchmenge (in Mio. kg)           312,1             337,6
Mitarbeitende                                                789               794

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