09.04.2024
Deklaration schafft Vertrauen, auch bei der Gen-Schere
Ängste sind manchmal irrational, trotzdem sollte man sie ernst nehmen. Die Angst der Konsumenten vor Gesundheitsrisiken durch Gentechprodukte ist ein Beispiel.
Guido Böhler
Ängste sind manchmal irrational, trotzdem sollte man sie ernst nehmen. Die Angst der Konsumenten vor Gesundheitsrisiken durch Gentechprodukte ist ein Beispiel: Bekannt ist jedoch ein gegenteiliges und prominentes Beispiel: der goldene Reis mit einem Fremd-Gen für Vitamin A-Bildung. Wirkliche Risiken bestehen im ökologischen Bereich, und Gentech-Saatgut macht die Landwirte abhängig von der Industrie. Aber Konsumenten denken, sie hätten Gesundheitsrisiken auf dem Teller.
Bei grossen Risiken verhängen Behörden generell Verbote wie zum Beispiel bei harten Drogen. Bei kleinen reicht eine Verwendungsbeschränkung, so etwa für Zusatzstoffe. Und bei sehr kleinen oder eher psychologischen Risiken reicht eine Deklarationspflicht, so etwa die Angabe des Alkoholgehaltes oder der Hinweis auf gehärtete Fette.
Deklarationen überlassen die Entscheidung den Konsumenten, ob Zutaten oder Verarbeitungstechniken riskant seien. Das ist für kleine oder gefühlte Risiken sinnvoll, denn meistens bestehen keine bei normalem Konsum. Jeder Konsument soll selber entscheiden, ob er zum Beispiel eine alkoholhaltige Limonade konsumieren will. Ebenfalls wer Angst vor Zusatzstoffen oder Allergenen hat, egal ob diese reell ist oder nicht.
In die Kategorie der psychologischen Gesundheitsrisiken gehören auch Gentechprodukte, jedenfalls nach derzeitigen Wissensstand. Deklarationspflicht ist daher sinnvoll und fördert Vertrauen: Der Konsument hat die Wahlfreiheit. Auch bei der neuen Technologie der Gen-Schere Crispr/Cas wäre Deklarationspflicht aus demselben psychologischen Grund sinnvoll. Die Gentechindustrie spricht zwar hier nicht von Gentechnik, da nur Gene derselben Pflanzenart eingefügt werden (keine Fremd-DNS). Aber das ist Propaganda: nach wie vor wird Erbgut bei dieser Genomeditierung gezielt verändert. Dass auch Genveränderungen mit der sonst üblichen Bestrahlung nicht deklarationspflichtig sind, sollte keine Rolle spielen – wegen der Psychologie. Zwar kann man Crispr/Cas-Eingriffe nicht analytisch nachweisen, aber entscheidend ist, dass Deklaration Vertrauen schafft. Auch Bioprodukte sind nicht analytisch beweisbar - man behilft sich mit Betriebskontrollen.