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Das «Güggelglück» funktioniert dank Direktverkauf

Ab 2026 ist für Schweizer Bio-Betriebe das Kükentöten verboten. Wie das funktionieren kann, zeigt der Bio-Hof der Familie Schütz in Strengelbach, wo seit zwei Jahren für jede Legehenne auch ein Güggel aufgezogen wird. Das Projekt «Güggelglück» ist für den diesjährigen Agropreis nominiert.

Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli (l.) mit Barbara und Markus Schütz. (mos)

Aus jedem zweiten Ei schlüpft ein männliches Küken. Weil Güggel keine Eier legen und weniger Fleisch ansetzen als Mastpoulets, werden die allermeisten männlichen Küken in der Schweiz direkt nach dem Schlupf vergast. Auf dem Bio-Hof von Barbara und Markus Schütz in Strengelbach bei Zofingen ist das anders. Hier stehen zwei grosse Ställe mit Platz für je 2000 Legehennen, 1,2 Millionen Bio-Eier produziert die Familie Schütz pro Jahr, drei Viertel davon gehen in den Detailhandel, der Rest wird im eigenen Hofladen verkauft.
Dort verkaufen Barbara und Markus seit zehn Jahren auch ihre Legehennen, ganz als Suppenhühner, oder verarbeitet als Hackfleisch, Wurst, Burger oder Brätkügeli. Vor zwei Jahren hat das Ehepaar damit begonnen, pro Legehenne auch einen Hahn aufzuziehen. «Aus ethischer und ökologischer Sicht ist das für uns die einzig wahre Lösung», sagte Markus Schütz bei einem Medienbesuch auf dem Hof. Anlass war die Nominierung für den diesjährigen Agropreis, der am 2. November vergeben wird (foodaktuell berichtete). Zu einem Ei gehöre eben auch eine Henne und ein Hahn, doppelte Barbara Schütz nach: «Wer Eier isst, muss auch Hühnerfleisch essen.» Nur Eier essen, gehe aus ethischen und ökologischen Gründen nicht auf.
Von Hand gemetzget
«Güggelglück» nennt die Familie Schütz ihr Betriebsmodell. Und so funktioniert es: Der Schütz-Hof kauft die weiblichen und männlichen Küken bei der Bio-Brüterei Lindenberg im luzernischen Schongau. 24 Stunden nach dem Schlupf kommen die Küken auf den Schütz-Hof und werden hier, nach Geschlechtern getrennt, aufgezogen. Die Schützs setzen auf die österreichische Legerasse Sandy. Die setzt laut Markus Schütz etwas mehr Fleisch an und legt dafür etwas weniger Eier als andere Legerassen. «Sandy ist aber immer noch mehr Legehenne als Poulet.» Zwölf Wochen leben die Güggel auf dem Hof, dann werden sie in der gewerblichen Geflügelschlachterei der Metzgerei Kopp im bernischen Heimisbach gemetzget. «Von Hand», wie Markus Schütz betont. Seine Frau oder er sind bei jeder Schlachtung dabei und helfen mit.
Die Güggelaufzucht ist kostenintensiv. Die Tiere zu verwursten oder zu Burger zu verarbeiten, würde sich deshalb finanziell nicht lohnen, sagte Markus Schütz. Anders als die Legehennen werden deshalb die Güggel nur ganz oder als Geschnetzeltes verkauft, 28 Franken pro Kilo kostet ein ganzer Güggel. Rund 3500 Güggel vermarktet der Schütz-Hof pro Jahr. Alle werden direkt ab Hof verkauft. Das bringt mehr Wertschöpfung - und erlaubt es, die Kundschaft aufzuklären, was eine Legehenne von einem Poulet unterscheidet, oder wie sich das kräftige und bissfestere Güggelfleisch zubereiten lässt. «Unsere Produkte brauchen Erklärung, deshalb hätten sie es im Detailhandel schwer», so Markus Schütz.
Die Legehennen legen länger
Die Güggel auf dem Schütz-Hof brauchen doppelt so lang wie ein Mastpoulet, bis sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben. Und die Fleischausbeute ist mit 600 bis 700 Gramm pro Tier deutlich kleiner als bei einem Poulet. Ein Kritikpunkt an der Güggelaufzucht lautet deshalb, dabei würden Futterressourcen ineffizient eingesetzt. Markus Schütz kennt die Kritik und hat auf seinem Hof eine Lösung gefunden. Statt wie üblich nur 12 Monate legen die Hennen auf dem Schütz-Hof 15 bis 16 Monate lang Eier. Die Legeleistung nehme dadurch nur minim ab. Dafür müsse man weniger Hennen - und damit auch Güggel - aufziehen, so Schütz. Das spare Ressourcen.
Unter dem Strich rechnet sich die Güggelaufzucht nur durch Querfinanzierung aus der Eierproduktion. So unterstützt der Eierhändler EiCO die Güggelproduktion des Schütz-Hofs finanziell und lobt im Gegenzug die Eier speziell aus. Und im eigenen Hofladen werde man pro Ei künftig einen Rappen draufschlagen müssen, damit es aufgehe, sagte Markus Schütz.
Für Bio Suisse ein Pionierprojekt
Das Projekt Güggelglück ist für den diesjährigen Agropreis nominiert, mit dem innovative Projekte aus der Landwirtschaft ausgezeichnet werden. Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, würdigte am Medienanlass den «Pioniergeist» des Ehepaars Schütz. Barbara und Markus Schütz seien «wunderbare Botschafter», die anderen Bio-Betrieben aufzeigten, «dass es geht».
2021 hatten die Delegierten von Bio Suisse beschlossen, bis Ende 2025 das Kükentöten abzuschaffen. «Wir sind zuversichtlich, dass wir das schaffen», sagte Brändli. Die konventionellen Eierproduzenten setzen auf die Geschlechtsbestimmung im Ei, um das Kükentöten zu beenden; die Einführung verzögert sich allerdings (siehe «Mehr zum Thema»). Bio Suisse lehnt diese Methode aus ethischen Überlegungen ab und setzt stattdessen auf Zweinutzungshühner und die Bruderhahnaufzucht. Das bringt einige Herausforderungen mit sich, wie Urs Brändli sagte. Das beginnt bereits bei der Aufzucht. Um Güggel aufzuziehen, brauchen die Produzenten mehr Platz. Die Raumplanung mache es im ländlichen Raum aber nicht leicht, neue Ställe zu bauen, so Brändli. Durch kluges Herden- und Stallmanagement könne man vielerorts aber auch mit den bestehenden Infrastrukturen arbeiten, wie das auf dem Schütz-Hof der Fall sei.
Ein weiterer Knackpunkt ist die Schlachtung und Verarbeitung der Güggel. Die Anlagen der grossen Geflügelschlachthöfe, in denen Poulets weitgehend automatisiert geschlachtet und zerlegt werden, sind nicht auf Güggel und Legehennen ausgerichtet. Der Entscheid von Bio Suisse habe jedoch in der Branche etwas ausgelöst, sagte Brändli. Es gebe positive Signale, dass neue Schlachtkapazitäten für Bruderhähne entstünden. Die vielleicht grösste Herausforderung liegt in der Vermarktung. Rund 700 Tonnen Bio-Güggelfleisch müssen ab 2026 pro Jahr verkauft werden. «Für den Detailhandel sind diese Produkte nicht sehr spannend, weil sie nicht durchgehend erhältlich sind», sagte Brändli. Alles im Direktverkauf abzusetzen sei wiederum wohl auch nicht möglich. «Es braucht auch alternative Absatzkanäle.» Das sei eventuell eine Chance für den Bio-Fachhandel, der etwas anbieten könne, was die Grossverteiler nicht im Sortiment hätten.

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