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Nicht plant-based, aber bio

Mit der Frage, wie die Ernährung nachhaltiger gemacht werden kann, ist auch die Biobranche konfrontiert. Am Bio-Symposium Ende November im Berner Kursaal wurde über die Transformation des Ernährungssystems diskutiert und darüber, wie ein solches System, das die Menschen ernährt und gleichzeitig «Bio» miteinbezieht, aussehen könnte.
Zu Unrecht verdammt
An dem vom FiBL, Bio Suisse, Demeter Schweiz, der IG Bio, bionetz.ch und bio.inspecta organisierten Anlass war man sich über die Höhe des «sinnvollen» Fleischkonsums nicht ganz einig. Für Lena Rutishauser vom Hummus- Falafel- und Burgerhersteller Fabas ist eine vegane Ernährung die Antwort. Die Firma lässt die Hülsenfrüchte auf 30 Hektaren im Inland anbauen und verarbeitet diese in der Zürcher Grossmetzgerei Angst. (foodaktuell berichtete über dieses Startup).
Niklaus Iten, Qualitätschef vom Müsliproduzenten Bio-Familia und Präsident der IG Bio, hob zwar hervor, dass heute zu viel Schweine- und Pouletfleisch konsumiert werde, was wegen des hohen Kraftfuttereinsatzes problematisch sei. Hingegen sei die Kuh nicht der Klimakiller, als der sie immer dargestellt werde. Richtig eingesetzt könne sie im Kampf gegen die Klimaerwärmung sogar helfen. Deshalb sei die pauschale Aussage, wir würden bezüglich der Umweltwirkung zu viel Fleisch essen, irreführend. Dasselbe gelte in Bezug auf die Gesundheit. Rotes Fleisch werde in der Ernährung zu Unrecht verdammt, sagte Iten, der die Beschäftigung mit Ernährungsthemen als seine grösste Leidenschaft bezeichnet. Deshalb kritisiert er vehement das einseitige plant-based-Narrativ «böses Fleisch – gute Pflanzen». Der Schuss könnte nämlich sogar nach hinten losgehen, die Umweltauswirkungen könnten sich bei einer rein pflanzlichen Landwirtschaft sogar verschlechtern.
«Das Problem ist nicht so trivial», sagte Iten. Ein Grundfehler, der immer gemacht werde, sei nämlich, dass die Umweltwirkung gewichtsbezogen berechnet werde. Das sei unsinnig, denn, so Iten: «Ich esse nicht Gurken oder Fleisch nach Kilogramm.» Wir würden essen, um unseren Körper zu nähren. Deshalb müsse die Berechnung der Umweltwirkung immer nährwertbezogen und nicht gewichtsbezogen erfolgen. Dann seien in vielen Fällen tierische Lebensmittel die bessere Lösung.
Ein anderer Fehler sei der Vergleich von Hektarerträgen, weshalb die Biolandwirtschaft immer schlechter wegkomme. Würde man hingegen «Nährstoff pro Hektar» oder «Gesundheit pro Hektar» als Bezugsgrösse wählen, liefert die Biolandwirtschaft ähnlich hohe Erträge wie die konventionelle Landwirtschaft. Deshalb verlangt Iten: Nicht «plant-based» sollte in der Diskussion rund um die Transformation des Ernährungssystems die Blaupause bilden, sondern «Bio».
Politische Rahmenbedingungen schaffen
Doch wie kann Bio als Lösung für die grossen Probleme auf die Agenda gebracht und der Biokonsum gesteigert werden? Man müsste dazu die politischen Rahmenbedingungen schaffen, denn von sich aus ändere der Mensch sein Verhalten nicht, tönte es am Podium unisono. Rabattsystem, Steuervergünstigungen oder sogar Krankenkassenverbilligungen solle die Politik in Betracht ziehen. Und die Grossverteiler hätten riesige Möglichkeiten, die Kaufentscheide der Leute zu beeinflussen. «Die wichtigste Massnahme ist es, die Umweltkosten einzupreisen», sagte Niklaus Iten, denn das Gros der Menschen orientiere sich am Preis. Dabei sei aber wichtig, dass eine korrekte Berechnungsbasis vorliege, sprich: dass die Umweltwirkung nährwertbezogen erfolge. Der Detailhandel müsste die Preise so gestalten, dass gewisse Produkte vermehrt nachgefragt würden. Wenn dies gesetzgeberisch noch gestützt würde, hätte man einen zusätzlichen Hebel, so Iten.
Wo bleibt der «Bio» Jamie-Oliver
Einigkeit herrschte wiederum darin, dass Biolebensmittel mit mehr Genuss verbunden werden sollten. «Wo sind eigentlich eure Bio-Influencer?», fragte Moderatorin Daniela Lager provokativ in die Runde und: «Wo bleibt euer Jamie Oliver, der die Bioküche anpreist». Sie sei erschüttert, dass von Bio nicht mehr komme, so Lager in der Podiumsdiskussion.
Gewohnheit entscheidet
Die Konsumentinnen treffen ihre Wahl, basierend auf Gewohnheiten, sagte Bettina Höchli, die sich an der Universität Bern mit dem Konsumentenverhalten beschäftigt. «Jeden Tag trifft ein Durchschnittskonsument nicht weniger als 219 Entscheidungen bezüglich Ernährung.» Dabei machten Gewohnheiten 40 Prozent der alltäglichen Entscheide aus, sagte Höchli. Wenn es darum gehe, die Leute beispielsweise an Biokonsum zu gewöhnen, sei es richtig, die Produkte am selben Ort zu platzieren wie die konventionellen Produkte derselben Kategorie, sodass keine neuen Umwege im Laden nötig seien. «Was braucht es also, um Konsumgewohnheiten zu ändern?». Es gelte, die Barrieren zum gewünschten Verhalten abzubauen, erklärte die Forscherin gleich selber. Als Beispiele schilderte sie Biofertigpizza oder Babybrei im Glas. Hier sei Bio bereits Standard, was die Verhaltensänderung natürlich extrem erleichtere.
Kurzfristig seien wir bereit, Veränderungen im Konsumverhalten zu machen, das habe die Corona-Pandemie gezeigt, während der die Nachfrage nach Bioprodukten rasant gestiegen sei, erwähnte Ursula Kretzschmar vom Forschungsintitut für biologischen Landbau FibL. Langfristig ändern könne man das Verhalten aber nur, wenn Gesundheit und Nachhaltigkeit als Motiv geltend gemacht werden könnten. Oder eben guter Geschmack oder das Wegfallen von Negativem wie Umweltschäden. Einigkeit herrschte auch darüber, dass man esse, um mit anderen Menschen Freude zu haben. «Essen ist emotional aufgeladen», sagte Brombach. Der Konsens war auch da, dass Ernährung wieder vermehrt und bewusster erlernt werden müsse. Eigentlich sollte das Symposium eine Kick-off-Veranstaltung sein, um Bio in die Nachhaltigkeitsdiskussionen einzubringen, sagte Iten und bemerkt selbstkritisch: «Das haben wir noch nicht ganz erreicht.»

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