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«Wir wollen Nachhaltigkeit für alle unsere Produkte»

Dieses Jahr feiert der Schokoladenproduzent Maestrani seinen 170. Geburtstag. CEO Christoph Birchler spricht über den Kauf der Marke «Avelines», über nachhaltigen Kakao und darüber, was der Mangel an Verpackungsmaterial für die Produktion des KMU bedeutet.

«Es gibt wenig Firmen, die so alt wurden wie Maestrani und mittelgross geblieben sind»: CEO Cristoph Birchler. (zVg)

foodaktuell: Christoph Birchler, in der Maestrani-Produktion in Flawil dürfen die Angestellten so viel Schokolade essen, wie sie wollen. Wie viel Schoggi isst eigentlich der Chef von Maestrani?
Christoph Birchler: Ich esse tatsächlich ziemlich oft Schoggi. Wenn ich bis zehn Uhr morgens noch keine gegessen habe, werde ich kribbelig. Aber ich achte darauf, kleine Portionen zu essen. Deshalb mag ich auch unsere «Minis» so sehr.
Sie haben den Chefposten bei Maestrani Anfang 2021 übernommen – mitten in der Coronakrise. Wie erlebten Sie diesen Einstieg?
Das war schon speziell. Aber eigentlich war es ein guter Einstieg. Ich traf auf ein gut funktionierendes Team – und wir sind als Team auch sehr schnell zusammengewachsen. Wenn man täglich Krisen lösen muss, bleibt einem nicht viel Zeit, sich zu beschnuppern, man muss von Anfang an miteinander funktionieren. Das habe ich als positiv erlebt.
Wie ist Maestrani durch die Pandemie gekommen?
Corona hat auch uns getroffen. Einzelne Geschäftsbereiche wie Travel Retail, unsere Erlebniswelt Chocolarium oder das Geschäft mit der Gastronomie, wo wir mit Kaffeebeilagen stark vertreten sind, wurden praktisch auf null eingedampft. Umgekehrt hat der Biofachhandel in Deutschland sehr gut funktioniert, damit konnten wir einen Teil der Verluste kompensieren. Aber netto haben wir – wie die ganze Branche – stark verloren in der Pandemie, der Umsatz ging im oberen einstelligen Bereich zurück.
Hat Maestrani den Coronaschock inzwischen verdaut?
Umsatzmässig sind wir wieder auf dem Niveau von Vor-Corona. Aber die Umsatzanteile haben sich verändert. Das Travel-Retail-Geschäft hat sich noch nicht vollständig erholt, vor allem in Asien noch nicht. Dafür haben wir im Detailhandel und im Partnergeschäft stärker zugelegt und konnten so überkompensieren.
Partnergeschäft? Also Private Label?
Ich mag den Ausdruck Private Label nicht. Uns geht es nicht darum, mit kurzfristigen Aufträgen unsere Anlagen auszulasten. Wir suchen langfristige Partnerschaften. Für gewisse Partner produzieren wir bereits seit 70 Jahren Schoggi und entwickeln mit ihnen neue und spannende Produkte. Daraus entstehen auch Innovationen, die wir für unsere Marken nutzen können. Umgekehrt fliesst die Expertise aus unseren Marken ins Geschäft mit unseren Partnern ein. Das befruchtet sich gegenseitig.
Wie wichtig ist das Partnergeschäft für Maestrani?
Genaue Zahlen möchte ich nicht nennen. Aber es ist ein wichtiges Standbein neben dem Geschäft mit unseren Marken Munz und Minor.
Anfang dieses Jahres ist mit «Avelines» ja eine neue Marke hinzugekommen. Der Genfer Traditionschocolatier Favarger wollte sich auf die Produktion von Frischpralinés und deren Verkauf in den eigenen Läden konzentrieren. Die automatisierte Fertigung der Avelines-Pralinen hatte in dieser Strategie keinen Platz mehr.
Favarger ist auf uns zugekommen. Wir konnten die Marke «Avelines» übernehmen und produzieren seit Anfang Jahr die Pralinen hier bei uns in Flawil. Für uns ist das interessant, weil wir durch diese Partnerschaft zum einen unsere Präsenz in der Westschweiz stärken können. Wir haben jetzt im Gebäude von Favarger in Versoix bei Genf ein Verkaufsbüro mit eigener Verkaufsmannschaft, die den Markt in der Westschweiz bearbeitet – dort sind wir bisher nicht so gut vertreten. Zum anderen sind die Avelines eine gute Ergänzung unseres Sortiments. Damit sind wir in den Pralinenbereich eingestiegen, wo wir vorher noch nicht tätig waren.
Verlief der Einstieg in die Pralinenproduktion problemlos?
Ganz problemlos nicht. Die Rezepte waren neu und anspruchsvoll, und es brauchte auch bei den Anlagen gewisse Zusatzinvestitionen. Bislang sind wir sehr zufrieden mit den Avelines. Wir sind über Plan – und wir haben noch viele Ideen, was wir aus Avelines machen könnten.
Ihr Vorgänger Markus Vettiger hat 2013 in einem Interview gesagt, Maestrani wolle den Exportanteil bei Maestrani von 36 auf 50 Prozent erhöhen. Neun Jahre später ist der Exportanteil immer noch etwa gleich hoch. Was ist schiefgelaufen?
2013 ist lange her, das kann ich nicht wirklich kommentieren. Mir ist der Exportanteil per se nicht wichtig, wichtig ist mir, dass wir als Gesamtunternehmen gesund wachsen und eine gute Dynamik haben. Kommt hinzu: Wenn wir in der Schweiz mit Schweizer Produktionskosten Schokolade herstellen, sind wir gezwungen, im Export in den Premiumbereich und die Nische zu gehen – mit Fairtrade, Bio, speziellen Rezepturen. Mit der Masse können wir es nicht machen. Die Gefahr, dass man im Export Geld verliert, ist hoch. Deshalb wollen wir im Export sehr selektiv wachsen. Unser Schwerpunkt im Export liegt klar auf unseren Nachbarländern.
Bei Bio und Fairtrade ist Maestrani eine Pionierin. 1987 brachte Maestrani die erste Fairtrade-Schoggi auf den Schweizer Markt. Wie wichtig ist Fairtrade heute?
Schon seit 2016 sind alle Kakaoprodukte, die wir verarbeiten, fairtrade-zertifziert. Da waren wir die ersten. Inzwischen sind wir qualitativ noch einen Schritt weiter und haben von der UTZ-Zertifizierung komplett auf Fairtrade Max Havelaar umgestellt, ein Label, das unserer Meinung nach strikter ist und strenger kontrolliert wird. Auch die weissen Munz-Stängel – eines unserer Leaderprodukte – tragen jetzt das Label Fairtrade Max Havelaar. Damit wollen wir unsere Pionierrolle in der Nachhaltigkeit auch in unserem Standardsortiment leben – da gehen wir weiter als unsere Mitbewerber. Bei der Gelegenheit haben wir auch die Rezeptur der weissen Munz-Stängel angepasst und das Palmöl durch Kakao- und Sheabutter ersetzt.
Fairtrade-Kakao auch im Standardsortiment bedeutet höhere Preise. Funktioniert das?
Es ist eine Wette auf die Zukunft, die wir eingehen. Unsere Retailkunden haben sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben – und diese Nachhaltigkeit liefern wir. Das wird sich hoffentlich auszahlen.
Welchen Stellenwert hat Bio?
Letztes Jahr waren 53 Prozent unserer Kakaoprodukte bio-zertifiziert, diesen Anteil werden wir sicher auf noch auf 60 bis 65 Prozent steigern. Bio ist ein wichtiger Teil unserer Strategie, aber 100 Prozent bio ist für uns im Moment kein Thema.
Der Minor-Schoggistängel ist ein Bestseller von Maestrani. Seit einem Jahr gibt es den Klassiker auch in zwei veganen Varianten, als «Dark» mit 60 Prozent Kakao und «Almond» mit Mandeln und Mandelmilch. Christoph Birchler, Sie waren vor Maestrani beim Veggiehersteller Fredag tätig. Haben Sie den Anstoss zu den veganen Minor gegeben?
Nein, als ich zu Maestrani kam, waren die veganen Minor schon fast fertig. Die Entwicklung hat einige Zeit gebraucht, die Umsetzung war nicht ganz einfach.
Was war die Herausforderung?
Eine dunkle vegane Schokolade herzustellen, ist keine Hexerei – es hat ja keine Milch drin. Aber ein helles, veganes Minor zu produzieren, das vom Geschmack und vom Schmelz her an eine Milchschokolade herankommt, das war eine grosse Herausforderung. Da hat unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung einen guten Job gemacht. Wir machen auch vegane Schokoladen mit Reisdrink, da muss man aufpassen, dass die Schokolade keinen Fremdgeschmack bekommt. Beim Minor Almond hatten wir den Vorteil, dass der Mandelgeschmack Teil des Produkts ist, da passt Mandeldrink gut.
Wie wichtig ist vegane Schokolade fürs Geschäft?
Umsatzmässig ist das noch nicht zentral, aber von der Wachstumsdynamik her ist das ein sehr wichtiges Produkt. Wir sprechen damit ein jüngeres Publikum an und erreichen auch neue Zielgruppen. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel beim «Veganuary» mitgemacht. Wir werden unser Angebot an veganen Schokoladen künftig sicher ausbauen – auch im hellen Bereich.
2019 hatte Maestrani auch eine Minorvariante mit der rosa Ruby-Schoggi von Barry Callebaut lanciert. Was ist eigentlich daraus geworden?
Das gibt es nicht mehr. Wir waren damals einer der ersten Produzenten, der die Ruby-Schokolade verwendet hat. Aber als Gesamtkonzept hat sich Ruby auf dem Markt nicht durchgesetzt.
Seit bald 70 Jahren im Sortiment ist hingegen die Munz-Banane, die zu mehr als 50 Prozent aus Zucker besteht. Wie passt eine solche Zuckerbombe zum Trend nach leichten, zuckerreduzierten Lebensmitteln?
Der Kult-Klassiker verkauft sich nach wie vor sehr gut. Nach den Minor-Stängel und dem weissen Munz-Prügeli sind die Bananen eines unserer Leaderprodukte – und der Absatz wächst. In der richtigen Menge genossen, verträgt es auch eine Schoggibanane von Munz.
Zuckerreduktion ist auch für uns ein Thema. Wir bieten auch Schoggi ohne Zucker oder ohne zugesetzten Zucker an. Technologisch ist das möglich, aber durchgesetzt hat sich das noch nicht. Was wir feststellen ist, dass Konsumenten Alternativen zu raffiniertem Kristallzucker wollen, die einen anderen glykämischen Index haben. Wir haben zum Beispiel Schokolade mit Kokosblütenzucker im Angebot.
Maestrani kauft die fertige Kakaomasse ein. Wieso röstet und verarbeitet Ihre Firma die Kakaobohnen nicht selbst?
Wir brauchen viele verschiedene Kakaomassen, haben aber nicht die Grösse, um das effizient selbst zu machen. Da vertrauen wir auf unsere Partner. Wir konzentrieren uns darauf, die Kakaomasse zu verfeinern und Schoggi zu machen, das können wir gut. Und wir sind flexibel und können für unsere Partner auch kleine Losgrössen produzieren.
Wie treffen Teuerung und Rohstoffknappheit Maestrani?
Bei den Kakaoprodukten gibt es keine Schwierigkeiten. (beim Kakao beginnen die Preise anzuziehen und zudem haben wir die Mehrkosten durch den Upgrade auf MaxHavelaar). Aber wir spüren die steigenden Preise für Energie oder Rohstoffe wie Zucker. Beim Sonnenblumenöl und Sonnenblumenlecithin ist es schwierig, überhaupt noch davon zu bekommen. Und dann die Verzögerungen in der Lieferkette. Das geht so weit, dass wir unsere Produktionspläne der Verfügbarkeit des Verpackungsmaterials anpassen müssen. Das bringt sehr viel Aufwand und Zusatzkosten. Und es wird zunehmend kritischer.
Können Sie die steigenden Produktionskosten an Ihre Kunden weitergeben?
Wir konnten Preiserhöhungen lange hinauszögern. Aber irgendwann war der Druck für uns als kleines KMU zu gross und wir mussten die Preise erhöhen. Höhere Preise durchzusetzen ist immer schwierig. Erschwerend kommt im Export der starke Franken hinzu. Wenn das so weiter geht, wird es schon schwierig.
Maestrani feiert dieses Jahr seinen 170. Geburtstag. Sie haben einen Wunsch frei, Herr Birchler. Was wünschen Sie Ihrem Unternehmen: Eine Listung bei der Migros oder lieber fünf Prozent mehr im Export?
Ich wünsche mir nochmals 170 Jahre für Maestrani. Wir haben eine faszinierende Geschichte. Es gibt wenig Firmen, die so alt wurden und mittelgross geblieben sind. Entweder sind sie gross geworden oder eingegangen. Maestrani hat es immer wieder geschafft, sich neu zu erfinden und auch schwierige Zeiten zu überstehen. Diesen vorwärtsgerichteten Unternehmergeist wünsche ich Maestrani auch für die Zukunft.
15 Jahre lang Barilla-Manager
Christoph Birchler ist seit dem 1. Januar 2021 CEO von Maestrani. Zu Maestrani kam er vom Convenience-Food-Hersteller Fredag, wo er im Business & Product Development gearbeitet hatte. Zuvor hatte Birchler während 15 Jahren in mehreren Führungspositionen für den Pastahersteller Barilla gewirkt. Davor war Birchler im Management des Zürcher Hotels Baur au Lac tätig. Der 47-jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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