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Industriekäse aus dem Freiamt

Die Käserei Milchgold in Auw konzentriert sich unter dem neuen Geschäftsführer Stefan Gasser auf Halbfabrikate für den Export. Versucht wird aber auch der Verkauf von Hart- und Halbhartkäse direkt an die Konsumenten.

Produktionsleiter Martin Greif (l) und Milchgold-Geschäftsführer Stefan Gasser vor der grossen Käsepresse. (Roland Wyss-Aerni)

Am Dorfrand von Auw, einer unscheinbaren Gemeinde im aargauischen Freiamt, steht die Milchgold Käse AG. Das Unternehmen ist einer der grössten Käsereibetriebe in der Schweiz, verarbeitet werden hier 45 Millionen Kilogramm Milch zu 4000 Tonnen Käse. Und beim Eintritt in die grosszügige Produktionshalle wird sofort klar: Hier wird geklotzt, nicht gekleckert. Ein Edelstahlfertiger mit 18000 Liter Fassungsvermögen, ein Kupferfertiger, der 22000 Liter fasst, zwei Pressen für die grossen Formate (16 Laibe 70x70 cm und 18 Laibe 70x70 cm) und eine Presse für die kleinen Formate (176 Laibe 30x30 cm) füllen die Halle.
Produziert werden verschiedene Halbfabrikate, viereckig und rund. Der Switzerland Swiss wird von Emmi in die USA exportiert und gelangt dort in den Detailhandel, die kleinformatigen fettreduzierten Zwischenfabrikate werden nach Italien verkauft für die Mozzarellaproduktion oder nach Frankreich an die Firma Bel. Daraus entstehen etwa die Schmelzkäseprodukte Babybel, Kiri oder La Vache Qui Rit, wie Stefan Gasser erklärt. Gasser ist seit Sommer 2022 Geschäftsführer der Milchgold AG, und er macht den Job mit dem gleichen Elan, mit der er vorher bei der Sortenorganisation Emmentaler als Direktor für den Traditionskäse geworben hat.
Effiziente Produktion
Die Belieferung von ausländischen Herstellern mit Zwischenfabrikaten aus teurer Schweizer Milch erstaunt auf den ersten Blick. Sie ist möglich dank hoher Effizienz und dank hoher und konstanter Qualität, wie Gasser sagt. «Milchgold ist BRC-zertifiziert, auf dem höchsten Niveau AA.» Und bezahlt werde übrigens der normale Industriemilchpreis, auf dem Niveau der Emmi-Direktlieferanten. Etwa ein Sechstel der Produktion wird im Inland verkauft, darunter auch Produkte, die Milchgold bei der Käserei Güntensperger im Toggenburg schmieren und abpacken lässt: der Goldkäse, ein vollfetter Halbhartkäse, oder der Freiämter Landkäse, der testweise im lokalen Volg-Laden verkauft wird.
Der Kupferfertiger stammt noch von der Emmentalerproduktion, die hier vor drei Jahren aufgegeben wurde, die grosse, vollautomatische Presse ist eine Neuinvestition für 2 Millionen Franken. Auslastung ist das Zauberwort: Hier wird - abgesehen von eineinhalb Wochen Revision pro Jahr - an sieben Tagen die Woche gekäst, von drei Uhr morgens bis 17 Uhr, im Extremfall auch mal von 1 Uhr bis 23 Uhr. «Derzeit produzieren wir sechs Chargen pro Tag, im Schnitt sind es acht, im Maximum zehn», sagt Produktionsleiter Martin Greif. Pro Schicht arbeiten eine Person an den Fertigern und zwei an den Pressen, zwei weitere Personen kümmern sich um Auslagerung und Verpackung, insgesamt umfasst das Team 15 Personen, darunter auch ein Lehrling.
Angeliefert werden im Schnitt pro Tag 140000 Kilogramm Milch, die in vier 50000-Liter-Tanks Platz finden, die Anlieferung ist, weil vollautomatisch, auch nachts möglich, wie Stefan Gasser betont. Etwa ein Sechstel der Milch stammt von den 26 Freiämter Landwirten, die Aktionäre der Milchgold AG sind, der Rest von ZMP, Mooh, Arnold oder Emmi.
Die Milchaufbereitung umfasst einen Milchseparator, zwei Bactofugen, einen Pasteur und einen Molkeseparator, pro Stunde werden 15000 Liter aufbereitet. Die Milch fliesst anschliessend in die Fertiger und wird nach programmierten Rezepturen erhitzt, der entstehende Käsebruch wird dann auf die Pressen gepumpt.
Alles in Folie verpackt
Die Laibe aus der Presse werden in Hurden gestapelt, kommen zuerst in den Abtropfraum, wo sie regelmässig gewendet werden, und dann ins Salzbad. Es gibt zwei grosse Salzwasserbecken, eines für den Hartkäse, eines für den Halbhartkäse.
Nach dem Salzbad gibt es für die Laibe einen Tag Ruhe, danach werden sie in Folie verpackt. Die Folie lässt entstehende Reifegase nach draussen, aber keinen Sauerstoff in den Käse. Anschliessend kommen die Switzerland-Swiss-Laibe in Holzrahmen für eine  Woche ins Kältelager, dann für weitere sechs bis sieben Wochen in den warmen Gärkeller – wo die Löcher entstehen – und dann, vor der Auslieferung, wieder ins Kaltlager. Die kleineren Laibe, die fettreduzierten Halbfabrikate, verlassen Milchgold früher.
Milchproduzenten nehmen das Heft in die Hand
Die Geschichte der Milchgold AG ist eine bewegte. Sie beginnt 2011, als sich 50 Freiämter Bauern zusammentun, um angesichts der an ihre Kapazitätsgrenzen gelangten Käserei von Beinwil die «Freiämter Käserei AG» zu gründen und eine neue Käserei zu bauen. Der geeignete Standort fand sich in Auw, die Käserei wurde mit einer Kapazität von 25 Millionen Kilogramm gebaut und an die Milchgold AG des Käsers Melchior Schürmann verpachtet. Die Käserei produzierte Emmentaler und wuchs mit der Produktion von Switzerland Swiss.
Im Jahr 2018 entschied sich der Vorbesitzer, die Milchgold Käse AG zu verkaufen. Die Freiämter Milchbauern nahmen noch einmal Geld in die Hand, ihre Freiämter Käserei AG übernahm «für ein paar Millionen» die Milchgold Käse AG 2019 nach einem Bieterverfahren, wie Hugo Abt, Verwaltungsratspräsident der Freiämter Käserei AG und Vizepräsident der Milchgold AG, sagt. Im Nachgang zum Kauf der Milchgold Käse AG wurde auch dieMilchgold Handels AG vollständig übernommen. Heute sind beide Firmen fusioniert und sämtliche administrativen Prozesse sind sehr schlank und effizient organisiert.
Transparenz und neue Ideen
Mit der Übernahme der Käserei durch die Bauern wurde die Emmentalerproduktion gestoppt, silofreie Milch wird zwar noch von knapp der Hälfte der Bauern angeliefert, aber nicht als solche bezahlt und nicht separat verarbeitet. Auch Hugo Abt produziert noch silofrei, wird aber wohl bald umstellen. Abt ist zufrieden. Früher habe man lange um den richtigen Milchpreis gefeilscht, man hatte keinen Einblick in die Zahlen. «Heute haben wir einen guten Milchpreis, wir haben Transparenz, wenn es gut läuft, gibt es Ende Jahr eine Nachzahlung.»
Auch Geschäftsführer Gasser ist begeistert: «Milchgold AG ist eine 100-prozentige Bauernfirma», sagt er, es sei toll, dass die Bauern unternehmerisches Risiko eingingen, und die schlanke Struktur ermögliche rasche Entscheide, flexibles Agieren und das rasche Umsetzen von neuen Ideen.
Neue Ideen betreffen etwa das Sortiment. So hat Gasser mit einem Kunden ein Projekt für einen Dreiviertelfettkäse zum Reiben gestartet, wie er sagt. Und er will einen Schweizer Halbhartkäse in die Hamburger Edeka bringen, eine Art Schweizer Gouda fürs Selbstbedienungsregal, ein Familienkäse, mit dem Verkaufsargument Schweizer Herkunft und hohes Tierwohl.
Und vor allem: Die Milchgold AG soll wachsen, im nächsten Jahr sollen 50 Millionen Kilogramm verarbeitet werden. Die Herausforderung für Gasser und Abt wird sein, genug Milch zu beschaffen, denn die Milch bleibt gesucht.

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