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Papier ist sexy

Konsumenten finden Papierverpackungen toll, aber Altpapier wird zur knappen Ressource. Und die Lebensmittelverpackung von morgen muss nicht nur im Regal funktionieren, sondern auch als Mini-Bildchen im Onlineshop. Take-aways von der SVI-Jahrestagung.

«Gut durchdacht, aber ein immenser Aufwand»: Berater André Gierke zur neuen EU-Verpackungsverordnung. (mos)

«Brauchen Frischeprodukte wirklich ein Shelf Life von drei bis vier Wochen?» Peter Braun plädierte an der Jahrestagung des Schweizerischen Verpackungsinstitut (SVI) vom 28. März in Zürich dafür, Verpackungen kreativ und radikal neu zu denken. Viele Verpackungen seien «overdesigned», so der Co-Geschäftsführer von Swiss Food Research. Mit «technischer Verliebtheit» habe man Verpackungen immer weiter optimiert - und damit immer komplexer gemacht, etwa mit mehrschichtigen Verbundmaterialien. «Wie machen wir das jetzt kreislauffähig?» Braun schlug vor, Verpackungshersteller, Logistiker, Händler und Konsumenten an einen Tisch zu bringen und sich zu fragen: «Was braucht es wirklich?»
Pfälzischer Wein in Bierflaschen
«Krisen wirken als Innovationsbooster für Verpackungen». Das sagte der Verpackungsdesigner Henning Schmidt, der mit seiner Agentur Honeypot Verpackungen für Lebensmittel und Getränke gestaltet. Die Lieferengpässe bei Verpackungsmaterial hätten Hersteller gezwungen, neue und nachhaltigere Lösungen zu finden. Ein Beispiel: Weinflaschen sind in Deutschland - anders als Bierflaschen - keine Mehrwegflaschen. Weil ein Pfälzer Bio-Winzer wegen der Glasknappheit keine Weinflaschen mehr bekam, füllte er seinen Rebensaft kurzerhand in Bierpfandflaschen ab. Damit hatte er nicht nur sein Nachschubproblem gelöst. Sein Regelbruch bescherte ihm auch viel mediale Aufmerksamkeit - und die deutsche Weinbranche denkt seither über Mehrwegflaschen nach.
Laut Schmidt beeinflusst das Onlineshopping, wie die Lebensmittelverpackungen künftig aussehen. «Was im Block im Regal super funktionierte, funktioniert als daumennagelgrosses Bild auf dem Smartphone nicht.» Weniger Text, weniger Labels auf der Front, dafür klarer sichtbar machen, um welches Produkt es sich handle - so würden Verpackungen auch online wirken. Ein gelungenes Beispiel seien die neuen Pestogläser von Barilla.
Papier gleich nachhaltig?
Eine weitere Erkenntnis Schmidts: «Konsumenten stehen total auf Papier. Haptik, Textur und Optik von Papier gibt psychologisch ein natürliches und sicheres Gefühl.» Und Konsumenten nehmen Papier und Karton als besonders nachhaltige Verpackungen wahr. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, die Markus Pley und Felix Grünewald vorstellten. Kunststoff und Alu hingegen empfinden Konsumenten als am wenigsten nachhaltig. Laut der Umfrage sind 90 Prozent der Leute bereit, einen Aufpreis für nachhaltige Verpackungen zu bezahlen, 40 Prozent würden sogar bis zu 10 Prozent mehr bezahlen.
Papier steht ganz oben in der Konsumentengunst - aber ist Papier die nachhaltigste Lösung? «Öfter als gedacht, wenn man es klug macht», lautete das Fazit von Antje Harling von der Papiertechnischen Stiftung PTS, dem Forschungszentrum für die deutsche Papierindustrie. Klug machen heisst: schon beim Design einer Papierverpackung ans Recycling denken. Papierverpackungen brauchen meist Schichten aus Kunststoff oder Metall, damit sie Barrierefunktionen erfüllen. Lassen sich solche Verbundstoffe nicht sauber trennen, können Metallsplitter ins Recyclingpapier gelangen, ebenso wie andere unerwünschte Stoffe wie Farben oder Klebstoffe.
Ausserdem erhöht sich bei unsauberer Trennung der ohnehin unvermeidliche Faserverlust beim Recycling. Und das ist durchaus von Bedeutung. Denn die Nachfrage nach Papierverpackungen steigt weiterhin an, während das Angebot an Altpapier zumindest in Westeuropa sinkt, weil immer weniger Zeitungen und Kataloge gedruckt werden. «Diese Schere geht weiter auf», sagte Thomas Hirnschall von der österreichischen Unternehmensberatung Horvat. Deshalb stiegen auch zunehmend Papierhersteller ins Recyclinggeschäft ein - «um sich das Rohmaterial zu sichern».
Die Politik macht Druck
Konsumentinnen und Konsumenten verlangen nach nachhaltigeren Verpackungen. Der grösste Druck kommt jedoch aus der Politik. Den Takt gibt die EU-Kommission vor, auch der Schweizer Verpackungsbranche. Die Kommission bringt derzeit eine neue Verpackungsverordnung auf den Weg. Die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) soll Verpackungsabfälle reduzieren und die Kreislaufwirtschaft fördern. Schon nächstes Jahr, spätestens aber 2025 soll sie verabschiedet werden. «Gut durchdacht» sei die PPWR, sagte André Gierke von der Beratungsfirma epr compact.
Die Verordnung sieht vor, dass alle Verpackungen künftig recyclingfähig sein müssen. Zudem sollen bis 2030 Kunststoffverpackungen einen Rezyklatanteil von 35 Prozent haben, der bis 2040 auf 65 Prozent steigen soll. Angedacht ist, gewisse Verpackungen ganz zu verbieten, etwa Kaffeerahm-Einzelportionen in der Gastronomie. Die Aufkleber auf den Bananen gelten künftig als Verpackung - und müssen industriell kompostierbar sein. Die Hersteller müssen zudem mit einer Konformitätserklärung nachweisen, dass ihre Verpackungen die EU-Anforderungen erfüllen.
Für die Industrie ein «immenser» Aufwand, sagte Gierke. Eine Herausforderung sei auch der in der EU-Verpackungsverordnung geforderte Rezyklatanteil, sagte Markus Pley von McKinsey. Momentan gebe es dafür schlicht zu wenig Rezyklat. Um die Ziele zu erreichen, müsste die Menge verfünffacht werden. Erschwerend komme hinzu, dass bei vielen Lebensmittelverpackungen Rezyklate noch verboten seien. «Und wir sehen nicht, dass sich da in absehbarer Zeit regulatorisch etwas ändert», so Felix Grünewald von McKinsey.
Die Politik fordert also nicht nur, sie ist selbst gefordert.

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