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Schokoladenindustrie kämpft mit Bargeld gegen Kinderarbeit

Ein Schweizer Projekt hat Kinderarbeit in Ghana mit Bargeldzahlungen erfolgreich verringert. Zahlungen allein reichen laut Menschenrechtsorganisationen jedoch nicht aus, um das verbreitete Problem in den Kakaoplantagen zu lösen.

(Symbolbild Pixabay)

Zur Osterzeit locken Schokohasen aus allen Ecken. Die grossen Schweizer Schokoladenhersteller präsentieren ihre Kreationen in etlichen Facetten. Doch hinter den süssen Hasen steckt zum Teil ein verworrenes System von Kinderarbeit, das nur schwer aufzubrechen ist.
Die Schweizer Koalition International Cocoa Initiative (ICI) hat zur Bekämpfung dieses Systems einen neuen Weg eingeschlagen. In einer Studie, die vom Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mitfinanziert wurde, haben Kakaobauern in Ghana monatliche Bargeldbeträge im Wert von 30 Franken erhalten. Die Idee dahinter: Wenn mehr Geld in der Familienkasse ist, müssen die Bauern ihre Kinder nicht auf die Plantagen schicken. Dies bestätigte die Studie: Nach einem halben Jahr sank die Kinderarbeit in der unterstützten Region um fast ein Fünftel.
Viele Grosskonzerne dabei
Die ICI besteht aus Unternehmen, Regierungen, Bauernverbänden und Nichtregierungsorganisationen. Auch Zertifizierungsgesellschaften wie Fairtrade oder Rainforest Alliance haben sich angeschlossen. Seit 2002 kämpft die Koalition gegen Kinderarbeit im Kakaosektor.
Etliche globale Schokoladenunternehmen unterstützen die Initiative, darunter die Schweizer Schwergewichte Nestlé, Barry Callebaut oder der Toblerone-Hersteller Mondelez. Auch Starbucks, Ferrero, Hershey's und Tony's Chocolonely stehen auf der Liste.
Der Goldhasenhersteller Lindt & Sprüngli hingegen prüfe seine Lieferketten lieber selbst, sagt eine Firmensprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Der Schokoladenhersteller tätige in einem eigenem Nachhaltigkeitsprogramm Barzahlungen an die Kakaobauern.
«Das Kind muss zur Schule gehen können»
Barzahlungen allein reichen laut ICI-Spezialistin Sarah Dekkiche jedoch ohnehin nicht aus. Ein höheres Einkommen führe nicht automatisch zu weniger Kinderarbeit, sagte sie jüngst an einer Veranstaltung an der Universität Zürich. «Das Kind muss zur Schule gehen können, denn sonst begleitet es einfach seine Eltern auf die Felder und nimmt eine Machete in die Hand.»
Auch gebe es Bauern, die nach Erhalt von Zusatzgeldern ihre Kakaoproduktion steigerten und so die Kinderarbeit antrieben. «Hier muss man viel sensibilisieren und unterstützen.»
Gerade in Zeiten des Klimawandels sei auch die Diversifizierung im Anbau nötig, damit Kleinbetriebe ausserhalb der Kakaosaison ein Einkommen erhielten. Die ICI ermutige Kakaobauern daher, zusätzlich Reis oder Maniok anzubauen, Bienen zu halten oder Kunsthandwerk zu verkaufen.
Hälfte der Kinderarbeit passiert auf Kakaoplantagen
Ghana gilt zusammen mit der Elfenbeinküste als grösster Schauplatz für Kinderarbeit in der Kakaoproduktion. Die zwei westafrikanischen Länder decken zusammen rund zwei Drittel der Weltnachfrage ab. Das Schokoladenland Schweiz bezieht allein aus Ghana gut die Hälfte des Kakaos.
Laut der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) sind in diesen zwei Ländern aktuell rund 1,6 Millionen Kinder in Kinderarbeit involviert. Diese verüben Tätigkeiten, die gegen rechtliche Normen wie das Mindestalter verstossen und ihre psychische und physische Entwicklung gefährden. Jeder zweite der betroffenen Minderjährigen lebt bei Kakaobauern. Sie hantieren mit Macheten und Chemikalien, müssen auf Bäume klettern sowie schwere Lasten tragen.
NGOS fordern bessere Bezahlung der Produzenten
Um die Situation nachhaltig zu verbessern, fordert die ICI international verpflichtende Rahmenbedingungen und Investitionen vor Ort. Selbst bei Zertifizierungen und hohen Preisen könne Kinderarbeit nicht ausgeschlossen werden.
Silvie Lang, Rohstoffexpertin der Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye, beurteilt die ICI gleichwohl als «eher träge». «Bei Multistakeholderinitiativen steht vielfach der Dialog und weniger konkrete Aktionspläne oder strukturelle Veränderungen im Vordergrund.»
Die Bargeldtransfer-Studie zeige jedoch, dass Armut direkt mit Kinderarbeit korreliere. Um Kinderarbeit im Kakaobereich zu bekämpfen, seien bessere Produzentenpreise sowie existenzsichernde Einkommen nötig.
«Viel zu lange schon beharren Unternehmen auf Massnahmen, welche die Produzierenden selbst umsetzen müssen», so Lang. Im Grunde führe kein Weg an höheren Kakaopreisen vorbei.
Auch Dekkiche weist darauf hin, dass faire Schokolade ihren Preis habe. Wenn Schokoladenunternehmen zusätzlich Bargeldzahlungen an Bauern tätigen sollen, habe das seine Kosten. «Wir als Konsumenten haben auch eine Verantwortung, da mitzumachen.» Und vielleicht schmeckt der Schoggihase an Ostern dann sogar noch etwas besser.

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