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Kleinerer Fussabdruck für die Campus-Verpflegung

Schon ein Vegi-Tag pro Woche in der Kantine hat einen positiven Einfluss auf die Nachhaltigkeit. Und auch alternative Proteine müssen in erster Linie wertvolle Nährstoffe liefern: Zwei Inputs von der Freiburger Veranstaltung Innofood & Co.

Bruno Rossignol macht die Campus-Verpflegung der EPFL nachhaltiger. (Stephan Moser)

Ein wichtiger Hebel für ein nachhaltigeres Ernährungssystem ist die Gemeinschaftsgastronomie. Das hat auch die Eidgenössische Technische Hochschule in Lausanne (EPFL) erkannt. Mit einer ehrgeizigen Strategie will die EPFL die Verpflegung auf ihrem Campus bis 2030 gesünder, nachhaltiger und lokaler machen. Keine einfache Aufgabe, wie der Gastronomieverantwortliche der EPFL, Bruno Rossignol, am Netzwerk- und Impulsanlass Innofood & Co ausführte. Rossignol war Hauptredner an der Veranstaltung vom 15. Juni in Freiburg, die vom Verein Cluster Food & Nutrition organisiert wurde und 180 Besucher anzog.
Die Bestandesaufnahme, die Rossignol 2019 beim Projektstart auf dem Hochschulcampus machte, war ernüchternd: die Menüs waren zu fettig, zu salzig, zu süss. Vegetarische Optionen gab es kaum, Saisonalität war ein Fremdwert, 80 Prozent der Lebensmittel wurden importiert – und hatten einen entsprechend hohen Klimafussabdruck. Die EPFL nutzte eine Neuausschreibung der Gastroaufträge, um die acht privaten Restaurateure, die auf dem Campus tätig sind, mit einem Pflichtenheft auf Kurs zu bringen.
Weniger Fleisch, aber kein veganer Campus
Heute sind 35 Massnahmen in Kraft, vom Einkauf über Menüplanung bis zur Energie. So gibt es auf dem Campus kein Wegwerfgeschirr mehr, Palmöl ist tabu, die Eier müssen aus Freilandhaltung stammen und das Fleisch aus der Schweiz. Die Portionengrösse wurde auf 450 Gramm reduziert, Fleisch macht maximal 80 Gramm aus. Wer danach noch Hunger hat, bekommt einen kostenlosen Nachschlag an Gemüse oder Hülsenfrüchten. Dank den kleineren Portionen konnte der Food Waste pro Teller von 50 auf 20 Gramm reduziert werden.
Fleisch und tierische Produkte bleiben weiterhin im Angebot, so Rossignol. «Wir werden nie ein veganer Campus sein.» Der Vegi-Anteil wurde aber deutlich ausgebaut. Heute sind 56 Prozent der verkauften Menüs fleischfrei, bis 2030 sollen es 80 Prozent sein. Einmal pro Woche gibt es einen reinen Vegi-Tag – das habe einen echten Impact, sagte Rossignol. Über eine digitale Plattform können die Restaurateure jederzeit sehen, wie weit sie und ihre Konkurrenten bei der Zielerreichung sind. «Das spornt an, besser zu werden», sagte Rossignol.
In der Regel müssen die privaten Mensenbetreiber für die Infrastruktur aufkommen. In Lausanne übernimmt das die EPFL. «Damit bleibt den privaten Betreibern mehr Geld, IP-Suisse oder Bio zu kaufen», sagte Rossignol. Allerdings bleibe bei Menüpreisen von sieben bis 16 Franken und einer Marge von zwei Prozent trotzdem nicht viel Platz für Bio auf den Tellern. Aktuell sind es sechs Prozent, bis 2030 sollen es 12 Prozent sein.
Mykoprotein für die Fischzucht
Wie wird der Teller von morgen aussehen? Um diese Frage drehte sich eine von zwei parallelen Sessions an der Veranstaltung. Für Sean Wassermann ist klar: Aquakultur hat Potenzial, die Menschheit nachhaltig zu ernähren – wenn das problematische Fischmehl aus Wildfang durch ein nachhaltigeres Fischfutter ersetzt wird. Mit seinem Start-up Kidemis glaubt Wassermann eine Lösung dafür gefunden zu haben: Mykoproteine. Dazu fermentiert Kidemis einen spezifischen Mix aus verschiedenen Nebenströmen der Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft mittels Pilzen. So entsteht ein proteinreiches Substrat, das unter anderem Beta-Glucane enthält – das soll sich positiv auf die Gesundheit und das Wachstum der Fische auswirken. Zusammen mit der Berner Fachhochschule arbeitet Kidemis an der Skalierung des Produktionsprozesses. Erste Fütterungsversuche sind für 2024 geplant.
Für Mine Uran sind Mikroalgen ein Nahrungsmittel mit Zukunft. Mikroalgen gehörten zu den nachhaltigsten pflanzlichen Proteinen, so Uran. Mit ihrem Unternehmen Alver hat sie ein Verfahren entwickelt, um den starken Eigengeschmack und die grüne Farbe der Mikroalge Chlorella wegzukriegen. Das geschmacksneutrale Pulver enthält 35 Prozent Protein und wichtige Nährstoffe und hat laut Uran eine hohe Viskosität, es lasse sich zum Beispiel in Teig- und Backwaren oder Fleisch- und Milchalternativen einsetzen. Produziert werden die Chlorella-Algen in einem Bioreaktor in Holland - in der Schweiz habe sie keinen geeigneten Produktionsstandort gefunden, so Uran.
Die Firma Planted produziert ihre Fleischalternativen bislang ausschliesslich im zürcherischen Kemptthal und vertreibt sie dort in die Schweiz und fünf europäische Länder. Entsprechend ist der Transport für rund einen Drittel des Umweltfussabdruckes eines Planted-Produktes verantwortlich, wie Marta Bové Goded und Lucas de Jong von Planted erklärten. Mit einer Mischung aus Extrusion und Fermentation tüftelt Planted derzeit an einer pflanzlichen Alternative zu rotem Fleisch, die noch dieses Jahr auf den Markt kommen soll.
Auch eine Forelle liefert Vitamin D
Die Entwicklung alternativer Proteine sei wichtig, aber zu oft konzentriere man sich dabei auf Geschmack und Mundgefühl und beachte die Proteinqualität zu wenig, kritisierte Serge Rezzi von der Swiss Nutrition & Health Foundation, die aus dem 1931 gegründeten Schweizer Vitamininstitut hervorgegangen ist. «Dabei ist die wichtigste Aufgabe der Ernährung, die Zellen des menschlichen Körpers mit den nötigen Nähr- und Mikronährstoffen zu versorgen.» Das Problem: Der menschliche Körper könne pflanzliche Proteine schlechter verstoffwechseln als tierische Proteine. Wenn ein Hersteller angebe, dass seine pflanzliche Fleischalternative gleich viel Protein enthalte wie Poulet, dann stimme das zwar von der Menge, aber nicht von der Qualität her, so Rezzi.
Rezzi plädierte dafür, traditionelle, tierische Produkte aus lokaler Produktion nicht zu vergessen. Diese seien interessante Quellen für eine ausgewogene Nährstoffversorgung. Schon 100 Gramm Forelle deckten 50 Prozent des Tagesbedarfs an Vitamin D. Und das Ei – früher als Cholesterin-Risiko verpönt – sei aus ernährungsphysiologischer Sicht eines der interessantesten Lebensmittel für den Menschen.

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