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«Leguminosen tönt nicht sexy»

Noch spielen Hülsenfrüchte eine bescheidene Rolle in unserer Ernährung. Eine neue Wertschöpfungskette rund um Proteinpflanzen will das ändern. Die Fachtagung Protein Power im Strickhof zeigte auf, welche Hürden es für die junge Branche gibt.

Es tut sich was in der Schweiz beim Anbau und der Verarbeitung von Ackerbohnen, Linsen, Kichererbsen & Co. für die menschliche Ernährung. In rasantem Tempo entsteht eine neue Wertschöpfungskette rund um die Proteinpflanzen. Die Branche hat «Pfupf», es herrscht Aufbruchstimmung und Pioniergeist. Das Potenzial ist gross, die Herausforderungen auch, das wurde an der Fachtagung Protein Power (siehe Kasten) vom 1. Dezember deutlich. Fünf Take-aways vom Feld auf den Teller.
1. Die Kichererbse ist eine Diva
Der Anbau von Körnerleguminosen für die menschliche Ernährung steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Die grosse Herausforderung: Sorten zu finden, die unter hiesigen Bedingungen zuverlässig gute Erträge liefern. Da ist viel Trial-and-Error in Sortenversuchen gefragt - und Durchhaltewillen der Landwirte. Eine regelrechte «Diva» ist die Kichererbse, sagte Landwirt René Ritter vom Leimenhof in Wenslingen (BL). In den letzten drei Jahren fuhr er nur einmal eine Ernte ein (2022), dafür eine sehr hohe mit 1800 Kilogramm pro Hektare. Die anderen zwei Jahre hatte er hingegen Totalausfälle, 2021 wegen des nassen Sommers, dieses Jahr wegen des Baumwollkapselwurms, «gegen den es in der Schweiz kein zugelassenes Insektizid gibt». Fazit: Wer Kichererbsen anbaut, muss das unternehmerische Risiko von schwankenden Erträgen tragen können.
2. Importware ist deutlich billiger
Seit diesem Jahr unterstützt der Bund den Anbau von Körnerleguminosen für die menschliche Ernährung mit Einzelkulturbeiträgen. Das ist ein Anbauanreiz für die Landwirte - die aber im direkten Preiskampf mit Importware aus dem Ausland stehen. Grenzschutz gebe es in diesem Bereich keinen, betonte Anik Thaler vom Start-up Fabas, das aus Schweizer Hülsenfrüchten Hummus, Falafel und Bohnenburger herstellt. «Türkische Bio-Kichererbsen gibt es schon für einen Franken pro Kilogramm.» Schweizer Kichererbsen kosten vier bis fünf Mal so viel. Thaler sieht deshalb politischen Handlungsbedarf, unter anderem höhere Einzelkulturbeiträge und eine Unterstützung der Verarbeiter durch den Bund, «analog zur Verkäsungszulage». Auch Sarah Zurmühle von Emmi betonte den grossen Kostendruck aus dem Ausland: «Die Konsumenten wollen zwar Schweizer Herkunft, aber nicht zu jedem Preis.»
3. Ohne Infrastruktur keine komplette Wertschöpfungskette
Mit dem Anbau von Proteinpflanzen alleine ist es noch nicht getan. Verarbeiter wie Hilcona oder Emmi brauchen für ihre Fleisch- und Milchalternativen vor allem Proteinkonzentrate und -isolate. Bis vor kurzem fehlten die entsprechenden Aufbereitungsanlagen in der Schweiz. Diese Lücke haben dieses Jahr die Produzentenorganisation IP-Suisse, das Mühlenunternehmen GMSA und die Feldkost AG mit ihrem Joint Venture Protaneo geschlossen. Die GMSA hat die erste Schweizer Anlage zur Proteinkonzentrierung eröffnet, dort wurden die Eiweisserbsen, die IP-Suisse-Produzenten auf 350 Hektaren anbauten, zu Proteinkonzentrat verarbeitet. Feldkost machte daraus mittels Trockenextrusion ein Pflanzenhack. Künftig soll die Anlage auch Proteinkonzentrate für andere Hersteller liefern, sagte Reto Ryser von IP-Suisse. Ein erster Schritt ist getan, weitere müssen folgen. So gibt es laut Ryser derzeit in der Schweiz kein IP-Suisse-Soja für die menschliche Ernährung, weil viele Verarbeiter entfettetes Soja wollten - «wir haben in der Schweiz aber niemanden gefunden, der das macht».
4. Pflanzliche Proteine sind spannend - und herausfordernd
Auch Emmi, die grösste Schweizer Milchverarbeiterin, produziert pflanzliche Alternativen zu Milch, Joghurt und Käse. «Die Nachfrage ist da, und Emmi will auch in Nischenmärkten eine Vorreiterin sein», sagte Sarah Zurmühle, Senior Innovation & Product Manager Vegan bei Emmi. Milch sei ein sehr homogener Rohstoff, pflanzliche Rohstoffe hingegen seien sehr unterschiedlich punkto Form, Geschmack, Funktionalität. Das mache sie spannend - und herausfordernd. Weil der bohnige Geschmack viele abschrecke, suche man möglichst neutral schmeckende Rohstoffe. Auch das Mundgefühl und die Textur müsse stimmen. Da sei viel Entwicklungsarbeit nötig - «und wir kommen auch nicht um Zusatzstoffe herum». Eine weitere Herausforderung sind Allergene. «Die Produktiönler haben keine Freude, wenn wir mit Soja oder Hafer auf die Anlagen kommen, auf denen auch Milch verarbeitet wird. Das bedeutet höhere Reinigungskosten.»
5. Tofu ist mehr als Fleischersatz
130 Gramm Fleisch essen die Menschen in der Schweiz im Schnitt pro Kopf und Tag - aber nur gerade 3,5 Gramm Hülsenfrüchte. Da ist also noch viel Luft nach oben - und viel Überzeugungsarbeit nötig. «Hülsenfrüchte oder Leguminosen, das tönt einfach nicht sexy», sagte Michaela Frank, Küchenchefin im Zürcher Kulturlokal Rank. Dabei seien Hülsenfrüchte «coole Proteine mit coolen Eigenschaften», die sich «mega vielseitig» einsetzen liessen. Frank und ihr Team räuchern Bohnen, machen Falafel aus Ackerbohnen oder Meringues aus Aquafaba. Frank plädierte dafür, Hülsenfrüchte als etwas kulinarisch Eigenständiges zu sehen und nicht bloss als Fleischersatz.
Das betonte auch Seraina Breu, Leiterin Qualität und Entwicklung bei Ensoy. Das Start-up produziert aus Thurgauer Biosoja rund 2500 Kilogramm Tofu pro Monat. Ensoy wolle Tofu als eigenständiges Lebensmittel etablieren, nicht als Fleischersatz, so Breu: «Tofu ist für alle da.» Der «Endgegner» sei dabei der Fleischkonsument, sagte Breu mit einem Lachen. Tofu habe ein Imageproblem, gelte als gummig und geschmacklos. Der Ensoy-Tofu hingegen werde dank einem Kniff bei der Herstellung geschmeidig und quietsche auch nicht beim Essen. Der Erfolg gibt Ensoy recht: 2021 gegründet, beschäftigt das Unternehmen heute bereits zehn Angestellte, der Tofu ist in über 200 Verkaufsstellen erhältlich, unter anderem schweizweit bei Alnatura.

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