«Als Manager kümmere ich mich um die Kennzahlen und versuche, die Effizienz der Prozesse zu verbessern.» (wy)
«Takten, takten, takten – mit Qualität und Leidenschaft» steht an der Bürotür von Isidor Lauber. Das Motto des Emmi-Fabrikleiters in Ostermundigen beschreibt wohl auch ihn selber. Er eilt durch den weitläufigen Betrieb, den er seit fast 20 Jahren führt, grüsst links und rechts, «komm schnell!», bespricht hier was kurz, hat dort noch eine Bitte, vertröstet einen Anrufer mit «Besprechen wir am Montag!», ist schon wieder beim nächsten Thema, immer zackig, immer freundlich, er posiert fürs Foto, lacht – und ist schon wieder weg.
Lauber hat Freude an «seiner» Fabrik und an der Belegschaft. «Super-Kaderleute» habe er, und die meisten Angestellten seien freundlich und fleissig. «Sie wissen aber auch, dass ich streng sein kann», fügt er an. Lauber ist hier Chef, seit Swiss Dairy Food 2002 in die Nachlassstundung ging und Emmi 2003 die Fabrik übernahm. Der damalige Emmi-Chef Fritz Wyss gab in seiner Antrittsrede die Richtung vor: «Wir kommen nach Ostermundigen, um Geld zu verdienen.» Manche Mitarbeitende verstanden das als Drohung. Laubers Job war es, ab 2003 mit einer neuen Kadercrew eine neue Firmenkultur nach Ostermundigen zu bringen, die Fabrik auf Vordermann zu bringen und eben – Geld zu verdienen. Ende Juni geht Lauber in Pension und übergibt den Betrieb an Martin Engel.
foodaktuell: Herr Lauber, wie war Ihr Start hier 2003?
Isidor Lauber: Wir mussten uns am Anfang etwas einarbeiten, laufende Verträge prüfen, und solche Dinge. Die Mitarbeitenden fragten sich schon, ob sich denn gar nichts ändert… Aber nach ein paar Monaten legten wir dann los. Sie haben anfangs die Köpfe eingezogen, wenn ich durch die Fabrik gegangen bin und sie ausgefragt habe. Aber ich bin halt neugierig. Und sie haben gemerkt: Aha, die Vorgesetzten sprechen ja mit uns, sie nehmen uns ernst, man spricht über Fehler, Neues wird sehr rasch und unkompliziert eingeführt, manchmal zu rasch.
Zu rasch?
Wir haben am Anfang teilweise Maschinen gekauft, deren Beschaffung man heute viel länger prüfen und über den Preis diskutieren würde. Ich neige manchmal zum Vorschnellen, teilweise haben wir Produkte lanciert, die noch kleine Fehler hatten, die wir dann später ausgebügelt haben. Und manchmal lanciert man Produkte, die der Markt nicht will. Von zehn Mal ist man neun Mal Sieger und einmal der Verlierer.
Was hat sich in dieser Zeit geändert?
Vieles! Die Produktionsprozesse sind heute digitalisiert, die Abläufe sind besser strukturiert als früher und standardisiert. Die ganze Produktionsplanung ist durchgetaktet wie ein SBB-Fahrplan. Nach erfolgter Planung gehen die Daten digitalisiert in die Produktion. So kann zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit immer garantiert werden.
Was hat sich für die Mitarbeitenden geändert?
Durch den hohen Automatisierungsgrad haben wir praktisch keine Handarbeiten mehr. Die Reinigungen sind heute alle CIP-gesteuert (Cleaning-in-Place), auch Packarbeiten und Palettierungen sind fast ganz automatisiert. Die Prozesse sind heute eng mit der IT verbunden, dadurch beherrschen wir die immer komplexeren Produktionsabläufe sehr gut und können eine gute, gleichbleibende Qualität garantieren.
Die Arbeit wird dadurch für die Mitarbeitenden anspruchsvoller – aber es ist für unsere vielen Markenprodukte sehr wichtig. Emmi-Marketingleiter Thomas Morf hat mal gesagt: «Bei Emmi ist Qualität keine Frage, die hat man einfach.» Das hat mich sehr gefreut!
Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?
Ich bin heute viel stärker mit Emmi-Mitarbeitenden über alle Standorte hinweg vernetzt. Es passiert viel mehr Austausch, Kolleginnen und Kollegen aus Emmi-Betrieben zum Beispiel in Spanien kommen hierher, und ich zeige ihnen unsere neuesten Anpassungen, die sie in ihrem Betrieb auch umsetzen können.
Ich habe immer versucht, nicht nur Manager zu sein, sondern auch Leader. Der Manager kümmert sich um die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, um die Effizienz der Prozesse, und wie sie noch verbessert werden können. Als Leader nehme ich wie ein Trainer die Menschen zusammen, um ein Problem mit ihnen gemeinsam zu lösen. Das ist mein Hauptjob.
Caffè Latte, das Erfolgsprodukt von Emmi, wird hier produziert. Wie ging der Start von Caffè Latte vor sich?
Der damalige Marketingchef hatte aus Japan die Idee, kalten Kaffee zu lancieren, das war dort ein Verkaufsschlager. Ich hatte viele schwierige, aber immer gute Diskussionen mit ihm, wegen der Becher, wegen der Idee, selber Kaffee zu brauen. Der Verkaufsleiter hatte die Idee im November angepriesen, da wussten wir noch nicht mal, wie wir den Kaffee brauen wollten! Aber Ende Januar 2004 gingen die ersten Becher zu den Kunden. Und dann ging die Post ab, und die Entwicklung ging bis heute immer weiter, mit immer neuen Sorten. Heute sind wir stolz auf unser Caffè Latte ohne Zusatzstoffe.
Ohne Zusatzstoffe ist ein wichtiger Trend…
Ja, aber das hat auch seine Grenzen. High-Protein-Produkte oder vegane Produkte beispielsweise benötigen Bindemittel, damit sie homogen bleiben.
Welche Umstellungen waren für die vegane Produktion nötig?
Vegane Produktion bedeutet viel mehr Leitungen und viel mehr Reinigung. Grosse Teile der Produktion sind getrennt, und dort, wo Milch und vegane Produkte durchfliessen, muss gründlich mit Lauge gereinigt werden.
Sie waren auch Präsident des Berufsverbandes der Molkereifachleute BVM. 2002 wurden die beiden Berufe Käser und Molkerist zum Milchtechnologen fusioniert, die Zahl der Lernenden lag immer unter dem Bedarf der Branche.
Die Branche hat sich zum Ziel gesetzt, 500 Lernende zu finden. Die Lernendenzahlen nehmen wieder zu, man kommt dem Ziel näher. Branche und Berufsleute engagieren sich stark, um den nötigen Nachwuchs zu finden, mit einem modernen Auftritt und Medienpräsenz macht man den Beruf bekannt. Bei Emmi Ostermundigen konnten wir bis jetzt immer genügend Milchtechnologen-Lernende anstellen, aktuell sind es 14.
Welche Zukunft hat der Milchtechnologe als eigenständiger Beruf? Braucht es eine Angleichung an den Lebensmitteltechnologen?
Wir müssen den Beruf Milchtechnologe unbedingt beibehalten. Wir haben in den letzten Jahren viel in die Lehrmittel investiert, alle Ausbildungsziele hinterfragt und wir sind auf einem hohen Niveau. Die Milch hat im Grasland Schweiz eine grosse Bedeutung und ihre Verarbeitung ist etwas Spezifisches. Wir brauchen auch in Zukunft Top-Fachleute, die das Handwerk von der Pike auf gelernt haben.
Ihr Nachfolger als Standortleiter ist Martin Engel. Weshalb gerade er?
Martin Engel war hier von Anfang an dabei und hat verschiedene Kaderpositionen innegehabt, bevor er 2016 zur Migros Aare ging.
Was sind Ihre Pläne für nach der Pensionierung?
Ich werde nicht mehr weiterarbeiten, auch nicht als Berater. Ich werde mit den pensionierten Berufskollegen wandern, Bücher lesen, ausschlafen, mich mehr um die zwei Grosskinder kümmern, und ich habe mir ein Cabrio gekauft!
Ein Leben für die Milch
Isidor Lauber ist eidgenössisch diplomierter Molkereimeister. Er absolvierte nach der Lehre zwei Praktika in einer Käserei in Cardiff, Wales und bei Arla in Schweden. 1982 bis 1983 arbeitete er bei der Toni Molkerei in Zürich. Ab 1983 arbeitete er in der Emmi-Molkerei in Emmen und absolvierte die Meisterprüfung. In Emmen arbeitete er sich zum Produktionsleiter hoch und absolvierte verschiedene Auslandeinsätze. 2000 wurde er Betriebsleiter in der Emmi Molkerei Basel, 2003 wechselte er zur Emmi Molkerei Bern in Ostermundigen.
Von 2005 bis 2011 war Lauber Präsident des Berufsverbandes der Molkereifachleute BVM.