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Ernährungszukunft neu justiert

Wie soll die Ernährungszukunft der Schweiz aussehen? 42 Wissenschafter haben unter Einbezug eines Bürger:innenrates dazu einen Leitfaden herausgegeben. Dieser wurde am sogenannten Ernährungssystemgipfel vom 2. Februar dem Bundesrat übergeben.

Bundesrat Guy Parmelin sagte, die Ziele des Leitfadens stimmten gut mit der Strategie des Bundesrates bei der Agrarpolitik 22+ überein.

Der Tenor am Ernährungsystemgipfel in Bern war: Es eilt. «Die Krisen warten nicht, bis wir fertig diskutiert haben», sagte Carole Küng, Co-Direktorin von Sustainable Development Solutions Schweiz (SDSN). Es müsse gehandelt werden. Die Herausforderungen von Klimaerwärmung und Artensterben müssten schnell angegangen werden, sagte auch Lukas Fesenfeld, der Leiter des wissenschaftlichen Gremiums «Ernährungszukunft Schweiz» - die Neuausrichtung sei noch vor 2030 nötig: «Das 1,5 Grad-Ziel ist gefährdet, die Ökosysteme können kippen, unumkehrbare negative Prozesse werden ausgelöst, wie zum Beispiel das Sterben der Arten oder das Auftauen des Permafrostes.» Die Coronapandemie habe aber gezeigt, dass Gesellschaft und Politik in der Lage seien, die Dinge rasch zu ändern. Man müsse die Chance packen und die Ernährungssysteme, die ein grosser Teil des Problems seien, transformieren.
Ein Leitfaden für ein neues Ernährungssystem
Organisiert wurde der Ernährungssystemgipfel von einem Konsortium bestehend aus SDSN Schweiz, Biovision und «Landwirtschaft mit Zukunft», vorgestellt wurde in Bern ein Leitfaden, um das Ernährungssystem der Schweiz neu auszurichten. Unterstützt wurde das ganze Projekt vom Bund.
Die Verfasser des Leitfadens schlagen mehrere Phasen mit verschiedenen Massnahmen vor. In einer ersten Phase braucht es aus ihrer Sicht einen Transformationsfonds, um den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft abzufedern. «Es soll keine Verlierer geben», sagte Fesenfeld. Mit dem bis im 2025 zu errichtenden Fonds sollen Informations- und bildungsorientierte Massnahmen und Anreizsysteme finanziert werden. Finanziert werden sollen etwa Förderprogramme zur Umstellung von Landwirtschaftsbetrieben. Auch die Gemeinschaftsgastronomie, die immerhin täglich eine Million Menschen verpflegt, soll verbindlich auf nachhaltige, das heisst, zu mindestens 50 Prozent veganer Ernährung umgestellt werden.
Verbot von Fleisch- und Milchpromotionen
In einer zweiten Phase sollen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele regulatorische Massnahmen und Lenkungsabgaben eingeführt werden. Dazu gehören höhere Zölle für tierische Produkte und die Einführung einer CO2-Abgabe auf Lebensmittel. Phase drei soll sich auf die Agrarpolitik und auf die Anpassung bei den Direktzahlungen konzentrieren und ab 2030, in Phase vier, sollen Verbote von Niedrigpreis-Promotionen für Produkte wie Fleisch, Milch und Eier eingeführt werden.
Neue Grundlage für künftigen Wohlstand
«Unser Wohlstand hängt von den globalen Lieferketten ab», sagte Bernard Lehmann. Der ehemalige Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) und heutige Vorsitzende des Expertengremiums des UN Committee on World Food Security (CFS) rief in Erinnerung, dass 1,6 Milliarden Menschen unter Hunger und Mangelernährung leiden und weitere 1,6 Milliarden unter Fehlernährung. Die internationale Wirtschaft habe sich bisher zu stark auf eine internationale Arbeitsteilung verlassen, das habe zu Klumpenrisiken und grossen Abhängigkeiten geführt, sagte Lehmann. Der Krieg in der Ukraine habe dies deutlich gezeigt.
Es brauche deshalb eine grundlegende Transformation der Ernährungssysteme, um in allen Regionen der Erde Zugang zu Nahrung und eine lokale Produktion zu ermöglichen. Dazu gehöre auch der Zugang zu Ausbildung und Ressourcen und die Bekämpfung der Armut. Die Transformation der Ernährungssysteme sehe nur nach Verzicht aus, so Lehmann. «Sie ist jedoch die Grundlage für künftigen Wohlstand und Gesundheit».
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Die Ziele
Im Leitfaden sind elf Ziele definiert, die bis 2030 erreicht werden sollen:
• Anpassung der Ernährung im Einklang mit nationalen Ernährungsempfehlungen und der Planetary Health Diet.
• Reduktion der Stickstoff- und Phosphorverluste im Ernährungssystem
• Reduktion der ökotoxischen Auswirkungen von Pestiziden
• Nachhaltige Nutzung der landwirtschaftlich bewirtschafteten Böden in der Schweiz
• Reduktion des Verlusts von Biodiversität und Artenvielfalt
• Reduktion des ernährungsbedingten Wasser-Fussabdrucks
• Reduktion der Treibhausgasemissionen
• Reduktion von Lebensmittelabfällen und -verlusten
• Existenzsichernde Einkommen entlang der Lieferkette
• Reduktion psychosozialer und körperlicher Gesundheitsrisiken in der Schweizer Landwirtschaft
• Einhaltung der ILO-Standards zur Kinderarbeit entlang der ganzen Lieferkette
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Ziele passen zu Agrarpolitik
Von den 80 Mitgliedern des Bürger:innenrates waren 17 am 2. Februar in der Uni Bern dabei. Das jüngste Mitglied, Jasmin Fischer, rief die Politik dazu auf, die Anregungen des Bürger:innenrates zu nutzen. Sie übergab den Leitfaden mit den Forderungen dem Volkswirtschafstminister Guy Parmelin. Dieser sagte, die Ziele des Leitfadens würden gut mit der Strategie des Bundesrates bei der Agrarpolitik 22+ übereinstimmen. Die Folgen des Klimawandels seien für die Landwirtschaft einschneidend: «Sie muss sich diesen Bedingungen anpassen.» Der Bundesrat hat seine Strategie aber auf 2050 ausgelegt, während das Forschungsgremium 2030 anpeilt.
Nicht einverstanden mit dem Leitfaden ist der Schweizerische Bauernverband (SBV). Er schreibt in einer Stellungnahme, dass die meisten der vorgeschlagenen, konkreten und verpflichtenden Massnahmen auf Stufe Landwirtschaft vorgesehen und seien zu weit gehen würden. Das sei nicht akzeptabel und eine verpasste Chance für eine glaubwürdige, ganzheitliche Ernährungspolitik.

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