28.05.2024
Schnelllieferdienste rentieren (noch) nicht
Lebensmittel online bestellen und in 30 Minuten nach Hause liefern: Solche Schnellieferdienste sind noch immer ein Nischengeschäft, mit dem die Anbieter bislang kaum Geld verdienen.
(Getir/zVg)
Getir oder Flink: Zahlreiche Schnelllieferdienste buhlen in Deutschland um die Gunst einer urbanen Käuferschaft, die Wert darauf legt, dass bestellte Lebensmittel 30 Minuten später vor der Tür stehen. Der Gesamtmarkt für Quick Commerce ist allerdings noch verschwindend klein, wie eine Studie der Strategieberatungsfirma Oliver Wyman zeigt. Für Deutschland schätzt die Firma den Gesamtmarkt im Jahr 2022 auf etwa 500 bis 700 Millionen Euro - das entspricht weniger als einem Prozent des gesamten Umsatzes im Lebensmittelsektor. Und erst etwa 800'000 bis 1 Million Menschen nutzen die Lieferdienste schätzungsweise bislang in Deutschland.
Rechnet sich nicht, schon gar nicht auf dem Land
Eine Herausforderung bleibt die Wirtschaftlichkeit des Modells. «Bis heute hat kein Anbieter eine flächendeckende Wirtschaftlichkeit erreicht», so Jens von Wedel von der Beratungsfirma. Eine Hürde sei die personalintensive Zusammenstellung der Waren, zudem erfordere die Auslieferung eine hohe Effizienz. Die lasse sich vor allem in Innenstadtgebieten erreichen. In ländlichen Regionen fehle hingegen ein wirtschaftliches Konzept für Quick Commerce.
Ein weiteres Problem: Die Anbieter haben Mühe, Kunden langfristig zu binden. Für die Kundschaft zählt laut der Studie bei der Auswahl eines Anbieters vor allem Preis und Liefergeschwindigkeit. Beides lasse sich mithilfe der Bestell-App vor jedem neuen Auftrag in Echtzeit abgleichen.
Warenkorb von 31 Euro
Laut der Studie nutzt knapp die Hälfte der Quick-Commerce-Kunden in Deutschland die Schnellieferdienste zwei bis vier Mal im Monat. Mehr als die Drittel (36%) der Nutzer geben 20 bis 39 Prozent ihres Lebensmittelbudgets im Quick Commerce aus. Die Hälfte der in der Studie Befragten lässt sich von den Schnellieferdiensten den kompletten Wocheneinkauf nach Hause liefern. «Das geht vor allem zu Lasten von Supermärkten oder Discountern» so von Wedel. Denn mehr als die Hälfte (51%) der Befragten würden auf den stationären Einzelhandel zurückgreifen, wenn es die schnellen Lieferdienste nicht gäbe - nur 22 % dagegen auf alternative E-Commerce-Anbieter mit längeren Lieferzeiten.
Der durchschnittliche Warenkorb beträgt in Deutschland knapp 31 Euro. Obst, Gemüse und Milchprodukte liegen dabei ganz vorn bei den bestellten Produkten, Fertigprodukte hingegen spielen eine untergeordnete Rolle. Bei den Lieferkosten sind die Befragten bereit, in die Tasche zu greifen. Für einen innert 30 Minuten gelieferten Warenkorb im Wert von 20 Euro halten 41 Prozent einen Aufschlag von zwei Euro für gerechtfertigt. Weitere 34 Prozent akzeptieren sogar Mehrkosten von bis zu fünf Euro.
2100 Nutzer befragt
Für die Studie wurden im Dezember 2022 insgesamt 2100 Quick-Commerce-Nutzer in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden zu ihrem Einkaufsverhalten und ihrer Zahlungsbereitschaft beim Lebensmitteleinkauf befragt.