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Innovationsgeist in der alten Molkerei

Start-up-Messe und Netzwerk-Anlass: Der Food Start-up Summit im Milchwerk Radolfszell war beides. Die ausstellenden Start-ups konnten ihre Innovationen vorstellen, sich vernetzen und beraten lassen.

Johannes Eberle (r.) und Samuel Moser (m.), die Entwickler des Lupighurt, mit dem Käsehändler Fritz Jäckle (l). (Roland Wyss-Aerni)

Das Milchwerk Radolfzell war bis 1987 eine regionale Molkerei, am 23. Februar wurde der Veranstaltungsort zum kurzzeitigen Mekka der Food-Start-up-Szene, mit dem «Food Start-up Summit». Organisator Mark Leinemann eröffnete den Anlass mit einem Rant: Die Effekte des Klimawandels träten immer deutlicher zutage. Da 30 Prozent der Treibhausgasemissionen aus dem Agri-Food-Sektor stammten, gebe es keine Alternative zu dessen Transformation. Die Start-ups spielten hier eine grosse Rolle, sagte Leinemann, sie hätten auch grosse Firmen dazu gebracht, im grossen Stil auf alternative Proteine zu setzen. In diesem Bereich gebe es Quantensprünge, mit der Präzisionsfermentation und mit Prozessen auf der Grundlage von organischen Abfällen. Allerdings gebe es auch grosse Bremsklötze: staatliche Regulierungen, Lobbyisten oder langwierige und unklare Novel-Food-Bestimmungen. Angesichts der Entwicklungen, die in Singapur, Israel oder den USA vorangetrieben würden, müsse sich Europa heute entscheiden, ob es auch noch in Zukunft ein relevanter Agri-Food-Player sein wolle oder nicht.
Peter Braun, Geschäftsführer von Swiss Food Research, welche den Food Start-up Summit mitorganisiert, fand, es sei nicht alles so negativ, das Bewusstsein für die aktuellen Probleme sei bei vielen Konsumentinnen und Konsumenten, vor allem bei den Jüngeren, gross. Man müsse auch nicht immer auf Regulierung warten, um die Märkte für neue Produkte zu entwickeln. Früher habe man Bohnen und Erbsen als Stärkelieferanten verwendet, das Protein sei als Nebenprodukt angefallen, sagte Braun, heute sei es umgekehrt. Die Stärke könne man beispielsweise an Mikroorganismen vefüttern, die neue Arten von Lebensmittel produzierten, vielleicht liege eine Zukunft für die Schweiz darin, diese Rohstoffe vorzubereiten.
Voll im Trend
84 Aussteller stellten sich in Radolfszell vor, darunter viele Start-ups, aber auch Lohnunternehmer für Produktion, Abfüllung oder Verpackung, Berater und Förderplattformen. Viele präsentierte Produkte waren vegan, glutenfrei, ohne Zucker oder mit Protein. Auch alkoholfreie Weine oder Schaumweine gab es zu verkosten.
Hempions aus dem österreichischen Lustenau konzentriert sich ganz auf Produkte aus Hanf. Das bemerkenswerteste Produkt - neben Hanföl und Hanfcreme - ist eine Parmesan-Alternative aus Hanf, Reismehl, Hefen und Salz. Hempions produziert in Süddeutschland und verkauft in Bioläden in Deutschland, Österreich und der Schweiz und sucht weitere Kanäle, wie Mitgründer Fabian Bratsch erklärte.
Joghurtersatz aus Lupinen
Johannes Eberle von der Käserei Muolen präsentierte sein Lupighurt, ein Joghurtersatz aus Lupinen und Hafer, unter dem Schlagwort «vegional»: Die Lupinen stammen aus dem Weinland, der Hafer aus der Region Weinfelden. Eberle begann vor zweieinhalb Jahren daran zu pröbeln und tat sich, als er nicht mehr weiterkam, mit Samuel Moser, Produktionsleiter bei der Mooser-Chäsi in Istighofen, zusammen. Das entwickelte Verfahren für die Verarbeitung der Lupinen ist Betriebsgeheimnis, es ermöglicht, die Bitterstoffe zu entfernen. Für die Wahl der richtigen Kulturen arbeitete Eberle mit Agroscope zusammen, Unterstützung gabs auch von Swiss Food Research, welche finanzielle Hilfe vom Innovations-Netzwerk Ostschweiz INOS und vom Kanton Thurgau vermittelte. «Wir haben an der Gewerbemesse Wega in Weinfelden mit dem Lupighurt Degustationen gemacht und das Echo war sehr gut», sagt Eberle. Mit Moser ist er derzeit daran, eine neue Anlage für eine Kapazität von 80 bis 100 Kilogramm pro Tag in Betrieb zu nehmen und einzustellen. Interessiert zeigte sich auch der süddeutsche Käsehändler Fritz Jäckle, ein langjähriger Abnehmer von Eberle. Er finde den Innovationsgeist von Eberle interessant, sagte Jäckle. Vor Käsealternativen will er sich nicht verschliessen, vor allem beim Frischkäse sehe er Potenzial, allerdings müsse es geschmacklich schon stimmen.
Süss und personalisiert
Mit dem Anspruch, vegane und glutenfreie Süssigkeiten ohne viel Zucker anzubieten, aber dennoch gut schmecken, ist Miriam Brossok angetreten. Mit ihrer Kollegin Lena Egi hat sie die «No Sweets» Bites entwickelt, angelehnt an Schokoladeriegel, aber als kleine Bissen. Das Start-up wurde erst im Dezember 2022 gegründet, konnte aber schon Verkostungen machen bei Hieber oder auch beim Pharmakonzern Roche in Basel und will mit einer Crowdfunding-Kampagne die Produktion der ersten grossen Mengen finanzieren. Die drei Sorten «Peanut Cacao», «Raspberry Cacao» und «Hazelnut Brownie» sollen dann bekannt gemacht werden.
Der Getränkehersteller Inodrink in Kreuzlingen stellte GoMo vor, eine Linie «Gewichtsmanagement»-Drinks zum Anrühren. GoMo Green enthält Spirulina-Algen, verschiedene Pilzextrakte und Enzymkomplexe, probiotische Kulturen und Koffein. Der DNA Shape Shake bietet in sieben Varianten die passenden Mengen an Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten und weiteren Nährstoffen basierend auf einem persönlichen DNA-Test, wie Volker Botsch von Inodrink erklärte.
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Von der Produktentwicklung...
Der Lohnproduzent Hofgut Storzeln in der Nähe des Bodensees ist ursprünglich ein Landwirtschaftbetrieb, der über den Anbau und die Verarbeitung von Biosoja zu Biosojamilch zum Verarbeiter und Dienstleister wurde. Storzeln begleitet Start-ups von der Idee bis zur Markteinführung, wie Simon Schorre erklärte - geboten wird Produktion, Verpackung und Beratung für alle Trockenprodukte, die gemischt oder gepresst werden wie Müesli, Riegel oder Instantmahlzeiten.
Bei Produktentwicklung, Herstellung und Kalkulation hänge immer alles mit allem zusammen, sagte Schorre. Die Zutat Nuss beispielsweise sei fetthaltig und könne oxidieren. Das habe einen Einfluss auf die Art der Verpackung (mit guter Sauerstoffbarriere), auf das Mindesthaltbarkeitsdatum und - angesichts steigender Preise - auf den Verkaufspreis. Und: «Der Preis ist von allem Anfang an und immer wieder ein Thema.» Es sei wichtig, auch für die Projektentwicklung ein Kostendach zu definieren, die Schnittstellen und die Zahl der beteiligten Partner möglichst zu minimieren.
...bis in den Handel
Genauso wichtig wie die Produktentwicklung ist für ein Start-up die gute Zusammenarbeit mit dem Detailhandel. Selda Morina, Leiterin des Programms Start-up Lounge bei Rewe, erklärte, worauf Start-ups achten müssen. In die Preiskalkulationen zum Beispiel sollten alle Kosten realistisch einbezogen werden: Marketing- und Vertriebskosten wie Verpackung, Displays, Versand oder Personal. Zur Realität gehört auch, dass die Detailhandelsmarge bei 35 Prozent beginnt. Ebenso wichtig: Die konstante Lieferfähigkeit. «Wenn eine Lücke entsteht, ist sofort ein anderes Produkt im Regal», sagte Morina. Und schliesslich lohne es sich, mit Filialleitern direkt den Kontakt aufzunehmen, um zum Beispiel Regalstopper, sogenannte Wobbler, platzieren zu können, welche die Kunden auf das neue Produkt aufmerksam machen und es erklären.
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