Greenpeace kritisiert, dass viele Schweizer Unternehmen Greenwashing betreiben würden: Die Auslobung von Produkten oder Dienstleistungen als «nachhaltig» oder «klimaneutral» ohne klare Definition oder ohne nachvollziehbare Belege. Eine besondere Verantwortung hätten dabei die beiden Grossverteiler, sagte die Greenpeace-Vertreterin Barbara Wegmann gegenüber der «Sonntagszeitung». «Begriffe wie nachhaltig, natürlich oder klimaneutral werden einfach so in den Raum gestellt. Was diese genau bedeuten, ist nicht klar.»
Die Migros hat letzte Woche die neue Image-Kampagne unter dem Slogan «Migros macht meh für d’Schwiiz» lanciert. Sie betont dabei unter anderem, dass mehr Bioprodukte und Unverpacktes angeboten werden und dass weniger Food-Waste und Plastik angestrebt wird. Diese Angaben seien zu schwammig, findet Greenpeace, es fehlten Aussagen darüber, wie viele Filialen Unverpacktes anböten, oder wie gross der Anteil pflanzlicher Alternativen im Vergleich zum Fleischsortiment sei, findet Wegmann. «Diese Art der Kommunikation geht in Richtung Greenwashing.»
Viele Firmen würden mit Umweltversprechen von den wirklich relevanten Problemen ablenken, wird Matthias Stucki, Experte für Ökobilanzierung an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), zitiert. So werde häufig auf eine nachhaltige Verpackung verwiesen, obwohl der Inhalt für die Ökobilanz viel relevanter sei. So sei es etwa beim Kaffee, wo die Art der Produktion viel wichtiger sei als das Material für die Kapsel.
Greenpeace hat auch eine repräsentative Umfrage zum Thema gemacht. Demnach halten nur 25% der Befragten grüne Werbeversprechen von Herstellern oder Detailhandel für eher oder ganz glaubwürdig. 36 Prozent sind skeptisch oder halten die Aussagen für unglaubwürdig. 40 Prozent wissen nicht, wie sie solche Werbeversprechen einordnen sollen.
Coop und Migros wehren sich in der «Sonntagszeitung» gegen die Vorwürfe. Coop informiere im Nachhaltigkeitsbericht transparent über die Art der Massnahmen und die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen, wird ein Sprecher zitiert. Werbebotschaften würden von einer internen Fachstelle auf ihre inhaltliche Korrektheit überprüft. Auch die Migros findet, man informiere transparent über Nachhaltigkeit und über die Fortschritte bei den selbst auferlegten Klimazielen. Der M-Check zeige, wie nachhaltig ein Produkt sei.
Die EU-Kommission hat kürzlich Regeln «gegen Grünfärberei und irreführende Umweltaussagen» vorgestellt. Sollten diese dereinst in Kraft treten, werden sie auch für Schweizer Firmen gelten, welche in die EU exportieren. Auch in der Schweiz gibt es politische Vorstösse dazu. Die Grünen-Politikerin Sophie Michaud Gigon hat Mitte März zwei Vorstösse eingereicht zur Bekämpfung von Greenwashing und für klare Regeln bei Umweltangaben in der Werbung.