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Ein Traditionshaus mit ambitionierten Zielen

Blattmann in Wädenswil produziert Weizen- und Dinkelproteine, Glukosesirupe und Stärken für die Lebensmittelindustrie. Unter erschwerten Rahmenbedingungen versucht das Unternehmen, mit Innovationen und neuen Geschäften erfolgreich zu bleiben und nachhaltiger zu werden.

Will Blattmann in eine erfolgreiche Zukunft führen: CEO Catherine Cunin.

«Herr und Frau Schweizer essen jeden Tag etwas, wo Blattmann drin ist», sagt Catherine Cunin. Die Lebensmittelingenieurin ETH ist seit 2016 Geschäftsführerin von Blattmann, des einzigen Schweizer Herstellers von Weizenproteinen, Stärke und Glukosesirup in biologischer und konventioneller Qualität. Diese Zutaten werden in zahlreichen Lebensmitteln verwendet:  Weizenproteine werden für die Standardisierung der Mehlqualität vor allem in Backwaren zugesetzt. In den letzten Jahren finden diese Proteine immer mehr in vegetarischen Fleischalternativen Anwendung. Glukosesirup verhindert die Kristallisation von Zucker und ermöglicht Bonbons, Konfitüren und Fruchtzubereitungen eine lange Haltbarkeit. Auch ist Glukosesirup für das Schmelzverhalten von Eiscreme unverzichtbar und wirkt als «Klebstoff» beispielsweise für Getreideriegel, Flakes oder Müslis. Mit Stärke werden alle möglichen Suppen, Saucen und Crèmen verdickt. Die Stärke dient dabei auch als Stabilisator, Beschichtungsmedium oder Texturgeber in zahlreichen Lebensmitteln.
Start mit steifen Hemdkragen
Blattmann ist ein Traditionsunternehmen, es wurde 1856 von Heinrich Blattmann in Wädenswil gegründet und begann mit der Herstellung von Stärke aus Weizenmehl vor allem für die Textilindustrie, wo Hemdkragen damit gestärkt wurden. Im Verlauf der Zeit wurde die Lebensmittelindustrie als Abnehmer immer wichtiger. Als Ergänzung zur Produktion vertritt Blattmann weitere Hersteller von Lebensmittelzutaten, um das Portfolio im Bereich Texturierung, Süsse, vegetarische Proteine und Biozutaten abzurunden.
Peter Blattmann, Nachfolger der 4. Generation, ging 1998 ein Joint Venture mit Cerestar und Cargill ein, um die internationalen Hersteller der Lebensmittelindustrie in Europa zu bedienen. Im Jahr 2007 übernahm Cargill, einer der Top 3 Rohstoff Player der Welt, Blattmann. In dieser Zeit wurde viel in den Ausbau der Produktion investiert, insbesondere auch, um die anspruchsvollen Standards der Biolabels zu erfüllen. Seit 2012 ist Blattmann wieder eigenständig und wird von der Schweizer Investorengruppe Fides geführt.
Klein und agil
Das Unternehmen beschäftigt heute rund 60 Mitarbeitende und erzielt über 30 Millionen Franken Umsatz, rund die Hälfte davon mit dem Export in 29 Länder, hauptsächlich in Europa. Insgesamt beliefert Blattmann knapp 400 Geschäftskunden.
Blattmann verarbeitet jährlich 20000 Tonnen Mehl und 5000 Tonnen Stärken und könnte damit 50 Prozent des Bedarfs an Weizenproteinen und Glukosesirup der Schweiz decken. Zum Vergleich: Grosse europäische Werke verarbeiten diese Mengen in zwei Wochen. Blattmann ist dafür in der Lage, sehr effizient attraktive Nischensegmente wie Bio oder Dinkel zu bedienen, welche für die grossen Player zu klein sind.
1943 entwickelte Blattmann das sogenannte Noredux-Verfahren, ein Prozess zur Modifizierung von Stärken im Trockenverfahren und unter Vakuum. Das Verfahren wurde patentiert und weltweit unter Blattmanns Lizenz installiert und angewandt.
1996 wurde zum ersten Mal Bioknospe-Gluten produziert, 2011 folgte die erste Produktion von Gluten aus Dinkelmehl. Seitdem hat Blattmann weitere Innovationen im Bereich Clean-Label-Stärken vorangetrieben.
Herausfordernde Rahmenbedingungen
Die Rahmenbedingungen für Blattmann als kleiner Anbieter in der Schweiz waren schon immer herausfordernd, die Situation hat sich in den letzten Jahren noch verschärft, wie Cunin erklärt: Ungleiche Zölle zwischen EU und der Schweiz führen zu einer direkten Mehrbelastung in Millionenhöhe pro Jahr, was direkt die Marge beeinträchtigt. Dazu kommt: «Der Euro hat zum Schweizer Franken in fünf Jahren 17 Prozent an Wert verloren, was das Exportgeschäft für Blattmann immer wieder vor grosse Herausforderungen stellt.»
Auch bei den Energiekosten ist Blattmann im Nachteil. Die Produktion ist sehr energieintensiv, die Kosten haben sich seit 2021 mehr als verdreifacht. Von den Kostensteigerungen sind zwar die europäischen Mitbewerber auch betroffen, aber die meisten haben Zugang zu vorteilhaften Bedingungen und Subventionen, etwa eine Deckelung von Strom- und Gaspreisen.
Geschlossene Kreisläufe, neue Geschäfte
«Wir werden alles tun, damit Blattmann auch in der Zukunft seine Aufgabe als einziger Hersteller von Proteinen und Glukose erfüllen kann», sagt Cunin. Mit einer Optimierung der Prozesse allein sei es aber nicht getan. Sie ist beispielsweise mit Schweizer Verbänden im Gespräch, um Schweizer Gluten aus Schweizer Weizen zu lancieren. Ziel ist es, die Wertschöpfung «From Field to Fork» in der Schweiz zu fördern, die Produktion durch kürzere Lieferketten umweltschonender und nachhaltiger zu machen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu erhöhen. «Die Covid-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig und systemrelevant Blattmann für die Versorgung der Schweizer Bevölkerung ist.» Dabei gehe es auch um die Frage, welche Mehlqualität am besten geeignet ist und inwieweit der Konsument einen Aufpreis für Produkte 100 Prozent aus der Schweiz akzeptiert.
Auch die Aufwertung von Nebenströmen der Lebensmittelindustrie ist ein Kernthema. Blattmann könne mit dem Maschinenpark, dem Know-how und der Nähe zu Produktionsstandorten einen positiven Beitrag zu Verminderung der Lebensmittelverschwendung leisten, sagt Cunin. Erste Projekte, etwa mit Biertreber, seien bereits erfolgreich initiiert und weitere seien in der Planung.
Ferner wird systematisch die Erweiterung des Protein-Portfolios mit weiteren pflanzlichen Proteinen geprüft. Cunin ist im Kontakt mit Lieferanten, Kunden, Forschung und Verbänden in diesem Bereich, um nachhaltige End-to-End Lösungen zu realisieren.
Blattmann versucht also, unter herausfordernden Rahmenbedingungen ein ambitioniertes Ziel zu erreichen: Hochwertige Schweizer Lebensmittelzutaten zu produzieren und gleichzeitig nachhaltiger zu werden. «Ich bin überzeugt, dass Blattmann auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Schweiz spielen wird.», sagt Cunin.

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