«Wir müssen das Ernährungssystem transformieren.» Ich habe nicht mitgezählt, wie oft ich diesen Satz in den letzten drei Jahren gehört habe, aber inzwischen kann ich es fast nicht mehr hören. An unzähligen Anlässen der Agro-Food-Bubble wird wie ein Mantra gepredigt, dass «es so nicht mehr weitergeht», dass «sich etwas ändern muss», mal etwas provokativ, mal mit Humor, gerne auch auf Englisch.
«Wir müssen das Ernährungssystem transformieren.» Ja, das stimmt. Aber wenn sich ein System ändern soll, müssen Menschen sich ändern. Wer ist «wir»? Die Schweizer Bevölkerung, Europa, die Welt? Welches «Ernährungssystem»? Das der Schweiz, das Europas, das der Welt? Ich werde den Eindruck nicht los, dass bei Forschern und bei Food- und Agroexpertinnen teilweise eine paternalistische Sichtweise herrscht: Wir wüssten eigentlich, was man tun müsste und bestätigen es uns gegenseitig. Aber wer das Ziel kennt, hat vielleicht trotzdem keine Ahnung vom Weg dahin. Wer rhetorisch an den ganz grossen Schrauben dreht, soll doch bitte ab und zu auch wieder mal mit praktizierenden Landwirten und praktizierenden Konsumentinnen sprechen. Und sie auch auf all die Podien der Agro-Food-Bubble einladen. Ohne sie ändert sich nämlich gar nichts.
Roland Wyss-Aerni, Chefredaktor foodaktuell